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Abmahn-Kanzlei will Porno-Tauscher im Internet bloßstellen

Abmahn-Kanzlei will Porno-Tauscher im Internet bloßstellen

Eine Kanzlei aus Augsburg hat 150.000 illegale Porno-Downloader schriftlich abgemahnt. Nun will sie zahlungsunwillige Erotik-Konsumenten auf ihrer Homepage anprangern. Wie viele das sind, darüber schweigt die Kanzlei. Die Angst, als Porno-Nutzer aufzufliegen, nutzt die Kanzlei, um Druck auszuüben.

Augsburg/Düsseldorf. 

Bis zu 150.000 Namen von illegalen Porno-Downloadern will eine Augsburger Abmahn-Kanzlei nun öffentlich an den Pranger stellen. Nach Informationen des Augsburger Wochenblatts will die Kanzlei „Urmann + Collegen“, kurz „U+C“, die sich auf Abmahnungen im Pornografiebereich spezialisiert hat, ab 1. September die Liste von abgemahnten und nicht zahlungswilligen Erotik-Konsumenten auf ihrer Internetseite veröffentlichen.

Kanzleien strengen selten Prozesse an

Die Zeitung berichtet weiter, dass sich unter den Raubkopierern nicht nur Privatleute, sondern auch Pfarrämter, Polizeistationen und Botschaften arabischer Länder befinden. Und die sollen zuerst publik gemacht werden. Die Intention, die hinter diesem Modell steckt, ist für Udo Vetter eindeutig: „Eine große Abmahn-Kanzlei“, weiß der Betreiber des mit dem Grimme-Online-Preis ausgezeichneten „Law-Blog“, „will auf diese Weise Druck aufbauen.“

Dass eine Anwaltskanzlei überhaupt damit drohen kann, Namen mutmaßlicher Beschuldigter zu veröffentlichen, ist auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2007 zurückzuführen. Demnach dürfen Anwälte eine so genannte „Gegnerliste“ zu Werbezwecken veröffentlichen – mit Prozessgegnern aus dem gewerblichen Bereich. Wer etwa als Anwalt gegen die Deutsche Bank vorgegangen ist, kann das als Referenz angeben.

Rechtsexperte spekuliert auf Versuchsballon 

Ob auch die Namen privater Internet-Nutzer veröffentlicht werden dürfen, darüber gibt es unterschiedliche Beurteilungen. „Richter zum Beispiel sehen weniger das Individuum, sondern eher den Schaden, der dadurch verursacht wird“, erklärt Udo Vetter. Deshalb kann ein Privatmensch im Sinne einer „Gegnerliste“ als gewerblich gelten.

Dass die Kanzlei tatsächlich auch nur annähernd 150.000 Namen von Raubkopierern veröffentlichen wird, glaubt Vetter nicht. „Ich würde erst mal mit zehn anfangen und gucken, wie das vor Gericht so läuft.“ Er selbst vertritt einige Dutzend Betroffene und rät ihnen, eine Unterlassungserklärung zu schicken und nichts zu bezahlen.

„Die Augsburger Abmahn-Kanzlei prozessiert auf eigene Kosten und strengt meist erst keinen Prozess an“, erklärt Vetter, „weil das viel Zeit und Geld kostet.“ Der Jurist glaubt eher an einen „Versuchsballon“, den die Abmahn-Kanzlei steigen lasse und gibt sich zuversichtlich: „Wenn die wirklich so hart drauf sind, sollen die es vor Gericht ruhig versuchen.“ Seine Klienten jedenfalls hätten jedenfalls noch keinen Cent an „U+C“ gezahlt, fasst Vetter zusammen.

Der Faktor Angst spielt eine große Rolle 

In einer Abmahnwelle aufzufliegen, bei der es noch dazu um Pornos geht, dürfte ein ziemliches Druckmittel sein. Aus Sicht von Udo Vetter spekuliert die Augsburger Kanzlei darauf, dass Sünder deshalb rasch zahlen: „Wenn von 10.000 Abgemahnten nur 2000 aus Scham die Forderungen begleichen, ist das schon ein gutes Geschäft für die Kanzlei“, meint Vetter. Im Einzelnen fordere die Kanzlei Beträge zwischen 1000 und 1200 Euro.“

Die Methode der Augsburger Kanzlei sieht Udo Vetter sehr kritisch: „Die Veröffentlichung hat keinen informativen Nutzwert als Werbung, es wird ein faktischer Druck erzeugt“, kritisiert Vetter. Zudem werden aus seiner Sicht die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen beschädigt.

Ist der Ruf erst ruiniert

Auch sei die Gefahr groß, dass Personen mit gleichen Namen verwechselt werden. Dann kann der Betroffene die Kanzlei dazu zwingen, die Veröffentlichung zu unterlassen, und sogar ein Schmerzensgeld bekommen. Wenn die Liste bis dahin allerdings schon vervielfältigt worden ist, ist der gute Ruf unter Umständen bereits in den Brunnen gefallen. Denn: Das Internet vergisst bekanntlich nie.

Die Kanzlei „Urmann + Collegen“ verweist auf Nachfrage auf die eigene Webseite und sieht sich juristisch auf der sicheren Seite, Namen zu veröffentlichen. „An den Spekulationen über eine mögliche Zusammensetzung der ‚Gegner-Auswahl‘ möchten wir uns öffentlich nicht beteiligen und haben dies auch in der Vergangenheit nicht getan. Zu der Zahl der abgemahnten Internetanschluss-Inhaber möchten wir uns aus Wettbewerbsgründen nicht äußern.“ Konkret gestellte Fragen wurden nicht beantwortet.