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70 Jahre Bikini: Zweiteiler mit Skandal-Vergangenheit

70 Jahre Bikini: Zweiteiler mit Skandal-Vergangenheit

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1491BA0045A2D033-013.jpg Foto: dpa
Als der Bikini erfunden wurde – war er schon wieder verboten. Seinen Siegeszug verdankt er einer erst noch unbekannten Schauspielerin.

Paris. 

Vier kleine Stoffecken und ein Stück Kordel: Selbst Mannequins wagten es nicht, den Zweiteiler vor 70 Jahren im Pariser Schwimmbad Molitor der Öffentlichkeit zu präsentieren. Nur die Nackttänzerin Micheline Bernardini brachte den Mut auf, am 5. Juli 1946 erstmals den Bikini von Louis Réard vorzuführen. Dass dieses textile Nichts Aufsehen erregen würde, war bewusstes Kalkül. Dass es aber einen Skandal auslöste, überraschte nicht nur den Erfinder.

Dabei hatte Réard darauf gesetzt, dass seine Kreation die Modewelt von Grund auf erschütterte. Immerhin hatte er das Stückchen Stoff auf den Namen „Bikini“ getauft. Nur vier Tage zuvor hatten die Amerikaner erstmals einen Atombombentest auf dem gleichnamigen Pazifikatoll durchgeführt.

Das handverlesene Publikum jener Bademodenschau im vornehmen Art-déco-Schwimmbad war vollkommen fassungslos, als Micheline Bernardini im ultraknappen Zweiteiler über den Laufsteg spazierte. So unzureichend bedeckte der erste Bikini die Kurven der jungen Tänzerin, dass sie den damals hochgeschlossenen Zeiten nur als „so gut wie nackt“ bezeichnet werden konnte. Doch noch größer als die Aufregung, die die Schöpfung des gelernten Ingenieurs Louis Réard hervorrief, war die Empörung der Sittenwächter.

Der Bikini hat sogar die Emanzipation überlebt

Während die Bernardini nach ihrem Auftritt mit Hunderten von Verehrerbriefen überschüttet wurde und über Nacht zu Berühmtheit gelangte, landete Réard geradewegs vor dem Kadi. Und seine Erfindung, der Bikini? Er wurde mit einem Bann belegt. An den meisten Stränden wurde der anstößige Zweiteiler sofort verboten. Die Polizei pflegte umgehend einzuschreiten, wenn sich doch einmal ein Bikini unter einem Sonnenschirm zu zeigen wagte. Mit anderen Worten: Der Bikini erwies sich als Flop. Erst einmal jedenfalls. Aber 1953 schlägt seine zweite Geburtsstunde.

Auf dem Internationalen Filmfestival von Cannes kommt das 18-jährige und fast unbekannte Starlett Brigitte Bardot auf die Idee, sich in einem rosa karierten Bikini vor den Objektiven der Paparazzi auf dem Strand vor dem Nobelhotel „Carlton“ zu räkeln. Die Bilder gehen um die Welt, sie sind der Anfang vom Mythos BB und der Beginn des Siegeszugs des Bikinis.

Seither ist der Bikini nicht mehr wegzudenken aus der Bademode, der Werbung oder dem Film. Er hat alles mitgemacht und überlebt, sogar die Emanzipation. Als Provokation wird er heute, auch in Abwandlung zum G-String oder der minimalistischem Microkini, von keinem mehr angesehen.

Auch bei James Bond darf der Bikini nicht fehlen

Louis Réard übrigens hat die Wandlung seiner Schöpfung zum Verkaufsschlager noch miterlebt. Er starb 1984 hochbetagt im schweizerischen Lausanne. Als lebensfroher Millionär wohlgemerkt, da er im Juni 1946 so klug war, den Bikini als Patent anzumelden und sich den Namen schützen zu lassen.

Auch Schauspielerin Ursula Andress, die in „James Bond jagt Dr. No“ in einem weißen Bikini aus dem Meer stieg und bei Kinobesuchern Herzrasen auslöste, profitierte vom kleinen Stückchen Stoff. „Dieser Bikini hat mich erfolgreich gemacht“, sagte Andress später.

Wirklich gealtert ist der Bikini nicht. „Es ist eines der wenigen Kleidungsstücke für Frauen, das sich praktisch nicht verändert hat“, sagt Ghislaine Rayer, die über den Mythos Bikini ein Buch verfasst hat. „Er ist eigentlich immer der Gleiche geblieben.“