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So schützen Sie sich vor Betrügertricks am Geldautomaten

So schützen Sie sich vor Betrügertricks am Geldautomaten

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Betrüger haben es an Geldautomaten schwerer, an sensible Daten zu kommen. Dennoch sollten Verbraucher aufpassen, wenn sie Geld abheben. Foto: Marcus Brandt
Kriminelle setzen auch auf modernste Technik, wenn es um Geld geht. Hier ihre häufigsten Maschen an Bankautomaten – und wie Sie sich schützen können.

Essen. 

Sicheres Plastikgeld – das haben sich Banken und Handel Milliarden kosten lassen. Seit Ende 2010 sind alle deutschen Giro-Karten mit einem EMV-Chip ausgestattet, die moderne Technik ersetzte die als anfällig geltende Karte mit Magnetstreifen. Die EMV-Karten haben eine Art Mini-Computer eingebaut: Der Datensatz wird verschlüsselt, die Karte bei Gebrauch auf Echtheit geprüft. Und tatsächlich sind die Zahlen von gestohlenen Daten am Geldautomaten in den vergangenen Jahren zurückgegangen.


Kriminelle lassen sich von diesen zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen jedoch nicht abschrecken. Sie suchen sich andere Wege, um an sensible Daten zu gelangen und setzen dabei auch auf modernste Technik. Von Card- und Cash-Trapping bis hin zu Wärmebildkameras für das Smartphone. Wir geben Tipps, wie Sie sich gegen alte und neue Maschen von Trickbetrügern am Geldautomaten schützen können.

Skimming: Falsche Kartenlesegeräte spähen Daten aus

„Skimming“ bedeutet so viel wie „Abschöpfen“ und steht für eine Methode, bei der Daten des Magnetstreifen auf der Karte ausgelesen werden. Vor dem Kartenschacht des Bankautomaten installieren die Täter ein eigens hergestelltes Kartenlesegerät, manchmal sogar eine ganze Frontplatte. So geht die Bankkarte erst durch das illegale Lesegerät und wird erst dann dem Original-Kartenleser zugeführt. Die Daten auf dem Magnetstreifen werden gespeichert, wobei der Geldautomat wie gewöhnlich weiter funktioniert. Der Kunde schöpft also keinen Verdacht.

Die Daten werden auf Kartenrohlinge übertragen, sogenannte White Plastics. Um die PIN auszuspionieren wird meistens eine winzige Kamera über dem Tastenfeld angebracht, die als farblich abgestimmte Leiste getarnt ist. Manchmal legen die Täter auch ein nachgebautes Tastaturfeld auf, halten nicht genügend Abstand oder verwickeln den Karteninhaber in ein Gespräch, damit ein Komplize die Geheimnummer erspähen kann.

Die Täter zieht es oft ins Ausland

Mit den Kartenrohlingen und der ermittelten PIN können die Betrüger Geld vom Konto des Opfers abheben. In außereuropäischen Staaten genügt es, lediglich den Magnetstreifen zu fälschen, um in Kombination mit der PIN an das Geld zu kommen.

Der Kontoinhaber bemerkt diesen Angriff oft erst später, zum Beispiel wenn er Kontoauszüge abholt – oder wenn die Bank nach Überziehung des Dispo-Kredits einschreitet. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) wurden im ersten Halbjahr 2015 bundesweit 62 Geldautomaten manipuliert – Tendenz sinkend. Im Vergleichszeitraum 2014 gab es noch 84 Skimming-Angriffe. Das BKA kommt dennoch zu dem Schluss: Kriminelle reagieren schnell auf technische Veränderungen, wenden sich neuen Angriffszielen zu oder ändern ihre Vorgehensweise.

Wie kann man sich vor Skimming-Angriffen schützen?

Die Polizei rät: Wenn Sie das Gefühl haben, der Geldautomat könnte manipuliert worden sein – zum Beispiel durch angebrachte Leisten, lockere Teile oder Klebspuren rund um den Kartenschlitz – sollten Sie den Automaten auf keinen Fall nutzen. Verständigen Sie gegebenenfalls die Polizei, um mögliche Spuren sichern zu können.

Es sollte immer auf ausreichenden Sicherheitsabstand zum nächsten Kunden geachtet werden, damit Sie niemand direkt bei der PIN-Eingabe beobachten kann.

Außerdem empfiehlt die Polizei, das Tastenfeld am Geldautomaten am besten mit der anderen Hand oder dem Portemonnaie vollständig abzudecken, wenn Sie Ihre PIN eingeben. So haben installierte Kameras kaum eine Chance, die Geheimnummer im Bild festzuhalten.

Manche Bankinstitute haben separate Türöffner, die außerhalb der Öffnungszeiten mit der Bankkarte bedient werden. Manipulierte Türöffner fragen die PIN ab, die Sie unter keinen Umständen eintippen sollten, so die Polizei. Keine Bank verlangt allein für den Zugang die PIN. Auch in solchen Fällen sollte die Polizei und die jeweilige Bank eingeschaltet werden.

Wärmebildkameras fürs Smartphone: Fingerabdrücke sind Wärmeabdrücke 

Der Hersteller Flir-Systems hatte bereits im vergangenen Jahr eine Wärmebildkamera auf den Markt gebracht, die ähnlich einer Extra-Hülle um das Smartphone angebracht wurde. In ihrer neusten Version wird die Kamera jetzt wie ein Adapter an der Unterseite des Geräts angesteckt. Die Spielerei ist für iOS- und Android-Geräte erhältlich.

Neu ist diese Technik nicht – aber sie ist bezahlbar geworden. Kosteten hochauflösende Wärmebildkameras vor einigen Jahren noch bis zu 12.000 Euro, bietet Flir im Online-Shop jetzt ein Smartphone-Zusatz für gerade mal 275 Euro an. Die ältere Version gibt es umgerechnet sogar schon für knapp 180 Euro. Erschwinglich für die, die schon immer mal Geheimagent spielen wollten. Und für Kriminelle.

Denn mit den hochauflösenden Wärmebildern auf dem Smartphone-Display könnten leicht die Geheimzahlen an Geldautomaten oder Türschlössern ermittelt werden, warnen IT-Experten vom britischen Sicherheitsdienst SEC TEC.

Gedrückte Tasten sind wärmer

Wer seine PIN am Automaten eingibt, hinterlässt eine Wärmespur auf den Tasten, eine kurze Berührung mit dem Finger reicht aus. Mit einer Wärmebildkamera lässt sich dieser minimale Temperaturunterschied zwischen den gedrückten und den nicht gedrückten Tasten aufzeichnen – oft noch bis zu eine Minute nach Eingabe der Kombination. So können die vier gedrückten Ziffern problemlos entschlüsselt werden.

Die Technik geht noch weiter: Mit den hochauflösenden Bildern auf dem Smartphone wird sogar der unterschiedliche Wärmegrad zwischen den vier gedrückten Tasten erkennbar. Je kälter die Taste, desto früher hat der Kunde diese gedrückt. Das erlaubt Rückschlüsse auf die Reihenfolge, in der die Tasten gedrückt wurden.

Bisher noch keine Fälle bekannt

Dem Landeskriminalamt NRW sei bisher kein Fall bekannt, bei dem eine Wärmebildkamera am Geldautomaten zum Einsatz kam. Sec Tec-Berater gehen jedoch davon aus, dass es in Zukunft solche Versuche geben wird, weil die Technologie verlockend günstig sei.

Der Bundesverband Deutscher Banken (BdB) gibt sich gelassen: „Ohne Karte kann sowieso niemand auf das Konto zu zugreifen“, sagt Sprecherin Tanja Beller. Und selbst wenn die Karte in die falschen Hände käme, gebe es bei einem vierstelligen Code insgesamt 24 Kombinationsmöglichkeiten – nach drei Fehlversuchen werde die PIN schon gesperrt. „Außerdem sind die meisten Geldautomaten mit Metalltasten ausgestattet. Diese geben schneller Wärme ab als Kunststoffpads“, ergänzt Beller. Ein aussagekräftiges Wärmebild sei damit äußerst schwierig.

Dennoch nimmt der BdB die Thermografie als Ausspäh-Technik nicht auf die leichte Schulter. „Wir befinden uns im ständigen Wettlauf und müssen uns immer wieder neu wappnen gegen neue Betrügertricks“, sagt Beller.

Wie können sich Kunden vor der Wärmbild-Masche schützen?

Natürlich gut auf die eigene Giro- oder Kreditkarte aufpassen und sicher verstauen. Denn ohne Kontokarte sind Betrüger machtlos, da hilft auch keine ausgefeilte Wärmebildkamera. Außerdem: wachsam sein beim Geldabheben, auf Auffälligkeiten am Automaten achten, regelmäßig die Kontoauszüge kontrollieren. Es gibt aber auch noch einen ganz einfachen Trick: Kurz die Hand auf das Tastenfeld legen. So lassen sich die einzelnen Tastenabdrücke per Wärmesensor nicht mehr erkennen.

Cash-Trapping: Wenn die Scheine im Innenschacht kleben bleiben 

Beim Cash-Trapping bringen die Betrüger über dem Geldausgabefach eine täuschend echte Blende an. Diese Vorrichtung ist innen mit einer Klebefolie versehen, die verhindert, dass das Geld weder ausgegeben noch wieder vom Automaten eingezogen wird – die Geldscheine bleiben buchstäblich im Ausgabeschacht kleben.


Der Geldautomat selbst funktioniert einwandfrei. Die aufgesteckte Attrappe verhindert nur, dass der Bankkunde an sein abgehobenes Geld kommt. Stattdessen erscheint nach einer Weile der Hinweis auf eine Störung. Die meisten verlassen daraufhin die Bank, um ihr Glück an einem anderen Geldautomaten zu versuchen. Dann ist für den Dieb die Stunde gekommen – er kann die Blende schlicht entfernen und mit den darin „festgeklebten“ Scheinen verschwinden.

Wie können sich Kunden vor Cash-Trapping schützen?

Die Polizei rät, wachsam zu sein. Kontrollieren Sie den Ausgabeschacht des Geldautomaten, bevor Sie die Geldausgabe-Funktion wählen. Sieht alles „original“ aus? Ist etwas wackelig und wirkt „nicht dazugehörig“? Im Zweifelsfall einen Mitarbeiter des Geldinstituts oder die Polizei informieren. Falls Sie kein Geld erhalten haben: Bleiben Sie in jedem Fall beim Geldautomaten und lassen Sie sich nicht von einem vermeintlich hilfsbereiten Fremden vom Automaten weglocken, so die Polizei. Besser einen anderen Kunden darum bitten, einen Bankmitarbeiter zu holen.

Card-Trapping: Wenn der Geldautomat die Karte nicht mehr freigibt 

Die Täter manipulieren den Geldautomaten so, dass die Karte nach der Einführung in den Kartenschlitz nicht mehr ausgeworfen wird. Für diesen Trick benutzen die Betrüger oft einfaches Videoband, woraus sie eine Art Schlinge basteln – die Masche ist im Polizeijargon deswegen auch als „Lebanese Loop“ oder „Libanesische Schleife“ bekannt. Diese Schlinge wird in den Kartenschlitz gesteckt oder – ähnlich wie beim Cash-Trapping – in eine Attrappe eingesetzt, die über dem Originalschlitz angebracht wird.

Alles funktioniert reibungslos – nur die Karte bleibt im Automaten. Ein vermeintlicher Kunde bietet an dieser Stelle seine Hilfe an. Er schlägt dem Karteninhaber vor, die PIN erneut einzugeben – ein Vorwand, um die Geheimzahl auszuspähen. Die Situation scheint festgefahren, der Kunde verlässt den Geldautomaten, um sich an einen Bankmitarbeiter zu wenden. Diese Gelegenheit nutzen die Täter, um die Karte aus dem Einzugsschlitz zu nehmen. Mit Karte und PIN können sie so am nächsten Geldautomaten problemlos das Konto leerräumen.

Wie können sich Kunden vor Card-Trapping schützen?

Auch hier gilt: Vor der Benutzung des Geldautomaten auf ungewöhnliche Veränderungen achten. Passen einzelne Bauteile am Terminals vielleicht nicht ganz ineinander? Sehen Sie Klebstoffreste, Farbunterschiede oder gar los Kabel? Bei einem präparierten Automaten lässt sich zum Beispiel durch leichtes Rütteln die aufgesetzte Attrappe lösen.

Wenn die Karte einbehalten wird, unbedingt am Geldautomaten stehen bleiben. Am besten einen anderen Kunden bitten, einen Bankmitarbeiter dazu zu holen. Es ist keiner in der Nähe oder Sie sind außerhalb der Geschäftszeiten da? Die Polizei rät, umgehend bei dem bundesweiten Sperrnotruf 116 116 anzurufen.