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Die Leiden der jungen IT-Unternehmensgründer

Die Leiden der jungen IT-Unternehmensgründer

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Foto: Kai Kitschenberg/ WAZFotoPool
Wer in Deutschland ein Internet-Unternehmen gründen möchte, scheitert oft an bürokratischen Hürden. Zum Beispiel ist es nach wie vor schwierig, Fördergelder zu beantragen oder ausländische Fachkräfte zu beschäftigen. Das will die Bundesregierung nun ändern.

Essen. 

Matthias Hemmerle redet ruhig und bedacht. Der 23-Jährige ist fest davon überzeugt, dass seine Geschäftsidee dazu taugt, den Immobilienmarkt ein bisschen besser zu machen. Zusammen mit vier Mitstreitern hat Hemmerle ein elektronisches Schloss entwickelt, das ohne Schlüssel auskommt, der Handy-Bildschirm überträgt ein Lichtsignal. „Light Lock“ heißt ihre Firma. Eines von zehn jungen Unternehmen der Informationstechnologie, die am Vorabend des IT-Gipfels 2012, auf der Essener Zeche Zollverein um die Aufmerksamkeit potenzieller Investoren buhlten. Mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen will die Bundesregierung die Situation junger Gründer im IT-Sektor verbessern. Das ist auch nötig.

Jungunternehmer Hemmerle weiß das nur zu gut: Zu seinem Team gehören zwei Pakistani, die zwar in Deutschland studieren, ihre Visa erlauben ihn aber nicht, hier ohne weiteres eine Arbeit aufzunehmen. „Wenn sie keine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung bekommen, müssen sie irgendwann das Land verlassen“, sagt Hemmerle. Das wäre fatal für Light Lock. Bislang ist das Unternehmen noch eine Garagenfirma, die Endmontage der Prototypen findet in Hemmerles Elternhaus in Oberhausen statt. Ohne die Unterstützung ihrer Unis hätten es die Gründer nicht geschafft, ihr Produkt zu entwickeln – auch wegen des Geldes.

Förderprogramme nicht zeitgemäß

Eine weitere Hürde: „Es ist Geld da, aber die staatlichen Programme gehen an der Wirklichkeit vorbei. Sie sind nicht zeitgemäß“, sagt Verena Delius von der Berliner Firma Goodbeans, die Spiele für mobile Geräte wie Handys und Tablet-Computer entwickelt. Delius, die spätestens seit Stefan Raabs Polittalk „Absolute Mehrheit“ vielen in Deutschland bekannt sein dürfte, nahm am Dienstag am IT-Gipfel im Essener Thyssen-Krupp-Hauptquartier teil. Und ging in der Diskussion mit Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) mit der Politik hart ins Gericht. Bestimmte Förderprogramme seien so ausgelegt, dass man auf drei Jahre seine Investitionen in Computer-Hardware festlegen müsse. „Hätten wir das damals getan, würden wir heute keine Software für Tablets entwickeln. Die gab es zur Zeit unserer Unternehmensgründung nämlich noch nicht.“ Auch müsse sich Deutschland mehr für ausländische Fachkräfte öffnen. Die Idee, aus Langzeitarbeitslosen IT-Fachkräfte zu machen, sei absurd.

Ein Marktplatz für Gründer und Kapitalgeber

Worte, die sitzen. Wirtschaftsminister Rösler muss sich sammeln, um eine Antwort zu formulieren. Er verweist auf den IT-Marktplatz, den sein Haus ab kommendem Jahr an den Start bringen will. Dort sollen Jungunternehmer und potenzielle Investoren zueinander finden. Sogenannte Business Angels sollen nicht nur Kapital zur Verfügung stellen, sondern den Neulingen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Und wer sich finanziell engagiert, soll auch noch von der Bundesregierung gefördert werden. Einzige Voraussetzung für die Förderung: Das investierte Geld muss drei Jahre im Unternehmen verbleiben.

Geld, das auch Matthias Hemmerle von Light Lock gut gebrauchen könnte. Doch auf finanzielle Abenteuer will sich der Jungunternehmer erst einmal nicht einlassen. Wichtiger sei, das Produkt zur Marktreife zu bringen – und mit Leidenschaft bei der Sache zu sein.