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Mutmaßlicher Tempelbomber verhöhnte bei Facebook Pariser Terror-Opfer

Mutmaßlicher Tempelbomber verhöhnte Pariser Terror-Opfer

Anschlag auf Sikh-Tempel - Fahndung-1030.jpg
Foto: dpa
Schon am 27. November 2015 hat diese Zeitung das Facebook-Profil von Mohammed B. (16) veröffentlicht. Darauf nennt er sich „Killer der Ungläubigen“.

Essen. 

Der Essener Salafist Mohammed B. (16) steht unter schwerem Terror-Verdacht. Gemeinsam mit seinem Kumpanen Yussuf T. (16) aus Gelsenkirchen soll er vor zwei Wochen eine Bombe in den Sikh-Tempel auf der Bersonstraße geschleudert haben. Wie sich jetzt herausstellt, handelt es sich bei dem Essener Realschüler um denselben „Mohammad“, den diese Zeitung schon am 27. November 2015 auf dem Bildschirm hatte. Unter der Schlagzeile „Blutspur des Dschihad reicht bis nach Essen“ veröffentlichte der Lokalteil einen Screenshot seiner hasserfüllten Facebook-Seite. Ein Foto, das schockiert: Denn unter dem Namen „Mohammad Sham“ brüstet sich der Teenager als „Kuffr-Killer“. Ein schauriger Jargon, der aus dem Dschihadisten-Milieu stammt: „Kuffr“ oder auch „Kuffar“ sind „Ungläubige“, denen der 16-Jährige als „Killer“ entgegentritt.

Eine makabre, ja prophetische Bezeichnung, die am 16. April auf der Bersonstraße um ein Haar Wirklichkeit geworden wäre. Denn bei dem heimtückischen Bombenanschlag auf die Sikh-Hochzeitsgesellschaft werden drei Menschen verletzt, einer von ihnen schwer.

Französische Fahne mit einem Stiefelabdruck verunglimpft

Damit nicht genug: Unmittelbar nach dem islamistischen Massaker in Paris vom 13. November aktualisierte der Essener Schüler sein für jedermann zugängliches Facebook-Profil. Jetzt prangte die Trikolore oben auf seiner Seite – allerdings nicht mit den damals populären Trauer- und Beileidssymbolen. Stattdessen wird die französische Fahne mit einem Stiefelabdruck verunglimpft: eine unerträgliche Verhöhnung der 130 Terroropfer.

Auch drei Wochen nach dem Paris-Attentat und eine Woche nach dem Bericht in dieser Zeitung zeigte Mohammed B. keinerlei Anzeichen von Reue. Im Gegenteil: Über seine inzwischen anonymisierte Facebook-Seite schrieb er am 3. Dezember 2015 vorwurfsvoll an die Facebook-Seite der WAZ Essen: „Was fällt Euch ein? -.-“. Auf unsere Nachfrage („Was meinst Du?“) schickte er einen Screenshot unseres Online-Berichtes mit dem anstößigen Facebook-Foto und schrieb: „Das mein ich“.

Daraufhin reagierte unsere Redaktion mit dieser scharfen Klarstellung: „Dein Profilbild steht symbolisch für den Hass, den gewaltbereite Islamisten gegenüber der westlichen Gesellschaft empfinden: Du verherrlichst mit deinem Facebook-Auftritt die Terroranschläge von Paris und verhöhnst die Opfer, und du suggerierst/drohst, dass du (in deinen Augen) Ungläubige töten möchtest. Wir finden das schockierend.“

Staatsschutz-Inspektion ermittelte wegen dschihadistischer Symbole

Im Innenausschuss des Landtages berichtete ein Referatsleiter von Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Donnerstag, dass die Staatsschutz-Inspektion gegen den „Kuffr-Killer“ Mohammed B. wegen dschihadistischer Symbole auf seinem Facebook-Profil ermittelt habe. Allerdings, so heißt es, sei das Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft Essen eingestellt worden, weil ihm keine Straftat zur Last gelegt werden konnte. Wie die weiteren Ermittlungen ergaben, wurde der 16-Jährige, ein Heranwachsender mit türkisch-kurdischen Wurzeln, im Januar wegen Körperverletzung angezeigt und nur einen Tag vor dem Tempelanschlag wegen versuchten Einbruchs festgenommen. Und unmittelbar nach dem Attentat hatte er Kontakt zu einem 16-jährigen Salafisten aus Wesel.

Der Bombenanschlag hat die Sicherheitsbehörden in Alarmstimmung versetzt. Und auch die verunsicherte Öffentlichkeit will wissen, ob und wie fest die Tempelbomber in dschihadistische Terrornetzwerke eingebunden sind.

Offenbar Kontakt zu zwei Moscheen

Nach Informationen dieser Zeitung haben die beiden mutmaßlichen Teenager-Terroristen in Essen offenbar Kontakt zu zwei Moscheen: zur Assalam-Moschee auf der Altenessener Straße 6 und zu ihrem Ableger, der Al-Faruk-Moschee auf der Bersonstraße 11, die direkt neben dem Sikh-Tempel steht. Auch am Tattag sollen die beiden Tatverdächtigen in der Assalam-Moschee gewesen sein.

Der Vorsitzende des Moscheevereins reagierte auf Anfrage dieser Zeitung aufgeregt und kurz angebunden auf eine eventuelle Verbindung des Islamvereins zu den Terrorverdächtigen: „Wir haben damit nichts zu tun, pro Woche kommen drei- bis viertausend Menschen zu uns, wir können nicht alle kennen.“ Weitere Auskünfte lehnte der Vorsitzende brüsk ab – und kappte die Handyverbindung.