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Was kostet Sicherheit? Wenn die Polizei die Rechnung schickt

Wann die Polizei wie ein Dienstleister bezahlt werden muss

Nur drei Tage nach dem Vorstoß von Bremen zur Kostenbeteiligung des Fußballs an Polizeieinsätzen schlägt der DFB zurück. Das Spiel von Joachim Löws Weltmeistern gegen Gibraltar findet in Nürnberg statt. Die Debatte beginnt erst: Es droht ein langer Gerichtsstreit.

Düsseldorf/Bremen. 

Der Streit ­zwischen Bremen und der Deutschen Fußball Liga (DFL) um die Übernahme von Polizeikosten bei Fußballspielen sorgt für große Aufregung. Über die Frage, in welchen Fällen die Polizei Bürgern, Firmen und Organisationen Rechnungen für geleistete Arbeit schicken darf, kursieren aber viele Gerüchte. Wir fragten das NRW-Innenministerium und die Gewerkschaft der Polizei (GdP), wann die Polizei wie ein Dienstleister bezahlt werden muss – und wann sie leer ausgeht.

Ist Polizeiarbeit in NRW kostenlos?

Im Prinzip ja, sagt das Innenministerium. Wenn die Polizei zur ­Gefahrenabwehr gerufen wird, um zum Beispiel einen Menschen zu retten, dann muss der Steuerzahler den Einsatz bezahlen. Das gilt auch, wenn die Polizei zu einer ­Unfallstelle gerufen wird.

Kann ein Straftäter aufgefordert werden, die Polizeikosten zu übernehmen, die er verursacht hat?

Nein, erklärt der GdP-Landeschef ­Arnold Plickert: „Ein Täter muss nicht dafür bezahlen, dass die Polizei ihm auf die Schliche kommt.“

Wird also jeder Polizeieinsatz durch Steuern finanziert?

So einfach ist es auch wieder nicht. Die Verwaltungsgebührenordnung lässt vier Ausnahmen zu. Die Polizei kassiert Gebühren . . .

1) . . . für die Begleitung von Schwer-, Gefahrgüter- und Werttransporten. Dieser Dienst kostet 58 Euro pro Stunde und beteiligtem Beamten plus 45 Cent/km bei eingesetzten Fahrzeugen.

2) . . . für Fehlalarm. Wenn eine Alarmanlage Signal gibt, obwohl gar keine Gefahr gegeben ist, dann bekommt der Besitzer einen ­Gebührenbescheid über 110 Euro.

3) . . . für das böswillige Auslösen eines falschen Alarms. Beispiel: Amokandrohung. Das kann teuer werden: 50 bis 100.000 Euro. ­Zentral ist der Begriff „schuldhaftes Verhalten“. Ist der Einsatz Folge eines Versehens, fallen keine Kosten an. Das ist wichtig, denn dahinter steht die Botschaft: Niemand sollte zögern, die Polizei zu rufen.

4.) . . . wenn ein Fahrzeug abgeschleppt werden muss. Dann stellt die Polizei ihren Verwaltungs­aufwand in Rechnung.

Polizei ist Ländersache. Gibt es anderswo andere Gebühren-Regeln?

Ja. Zum Beispiel für Kosten, die Flashmobs oder Facebook-Partys mit Hunderten Teilnehmern verursachen. So hatte ein Lehrling (20) aus Magdeburg 2013 mit einer Facebook-Party einen Großeinsatz ausgelöst. Dafür flatterte ihm eine Rechnung über 218.000 Euro auf den Tisch. In Heidelberg mussten zwei Schüler, die mit einem Flashmob ein Verkehrschaos verursachten, 1000 Euro zahlen.

In Bayern gilt ein Polizeikostengesetz. „Wenn dort jemand so alkoholisiert ist, dass er in eine Zelle muss und wenn er die Zelle auch noch verschmutzt, dann kann man ihm das in Rechnung stellen. Darüber sollten wir in NRW nachdenken“, findet der NRW-GdP-Chef Arnold ­Plickert. „Es ist nicht einzusehen, dass der Steuerzahler dafür zahlen muss“,

Warum probt der Senat von ­Bremen den Aufstand gegen die geltenden Regeln und will sich die Kosten für die Polizeieinsätze vom Vereinsfußball zurückholen?

Tatsächlich sind die Kosten erheblich. Die Hundertschaften der Polizei sind an jedem Spieltag im Einsatz. Bei einem normalen Bundes­liga-Treffen liegt der Schnitt bei 200 Polizisten, die meist vor dem Stadion, teils aber auch im Inneren Dienst tun.

Bei Spielen mit Gewalt-Potenzial, wie zuletzt beim Spiel Hamburg gegen Bremen oder im Revierderby zwischen Schalke und Dortmund, können daraus schon einmal 1200 bis 3000 Beamte ­werden. Die Einsatzstunde eines Polizeibeamten kostet 55 Euro, ­dazu kommt der Aufwand für Unterbringung und Gerät.

Insgesamt summieren sich die Ausgaben je nach Gewalttätigkeit in der Saison pro Jahr bundesweit auf 50 bis 90 Millionen Euro. Das klamme Bremen zahlt jährlich 1,5 bis zwei Millionen Euro dafür. Der Plan des Senats: Der Mehraufwand bei „Risikospielen“ – etwa 300.000 bis 500.000 Euro – soll an die Deutsche Fußball-Liga (DFL) weitergegeben werden.

Liegt auch NRW mit seinen ­Vereinen im Clinch?

Hart auf hart ging es im September 2013 beim Krach zwischen Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) und Schalke 04 zu. Der Gelsen­kirchener Bundesligaclub hatte der Polizei vorgeworfen, gegen die beim Play-off-Spiel gegen Saloniki ausgebrochene Randale „unverhältnismäßig“ vorgegangen zu sein. Darauf drohte Jäger mit dem Totalrückzug aus dem Innenraum des Schalker Stadions. Der ­Konflikt konnte aber schnell bei­gelegt werden.