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Lust auf Fleisch hat gravierende Folgen für das Klima

Lust auf Fleisch hat gravierende Folgen für das Klima

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In Deutschland übersteigt der Pro-Kopf-Verbrauch an Fleisch mit 88,3 Kilogramm jährlich den Welt-Durchschnitt um das Doppelte - und den Indiens sogar um das 20-fache. Foto: Jens Kalaene/Illustration
Fast 90 Kilogramm Fleisch beträgt der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland, das doppelte des weltweiten Durchschnitts. Ein Problem für das Klima.

Dortmund. 

Der Fleischverbrauch in Deutschland übersteigt den weltweiten Durchschnitt um das Doppelte. In der Fastenzeit ab Aschermittwoch verzichten viele Menschen traditionell auf Fleisch. Was viele nicht wissen: Das nützt nicht nur der eigenen Gesundheit, sondern auch dem Klimaschutz.

Wie viel Fleisch essen wir überhaupt?

Der Fleischverbrauch beträgt pro Kopf und Jahr 88,3 Kilogramm. Zieht man den Knochenanteil ab, verzehrt jeder Bürger in Deutschland 60,3 Kilo Fleisch – zu zwei Dritteln vom Schwein. Der Pro-Kopf-Verbrauch übersteigt den weltweiten Durchschnitt um das Doppelte – und den Indiens sogar um das 20-fache. In Deutschland wird massenhaft Fleisch erzeugt, sogar ein Fünftel mehr als verbraucht wird. 2015 war mit 8,22 Millionen Tonnen ein Rekordjahr. Umgerechnet bedeutet das, dass hierzulande jährlich etwa 59 Millionen Schweine geschlachtet werden. Die deutschen Fleischproduzenten sind auch im Export stark.

Ist das zu viel?

Ja. Die Ernährungskampagne „In Form“ der Bundesregierung rät: „Im Rahmen einer vollwertigen Ernährung sollten Sie nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche essen.“ Das entspricht einer Jahresmenge zwischen 15 und 31 Kilo. Gesundheitsfördernd und nachhaltig ernährt sich demnach, wer überwiegend pflanzliche Lebensmittel isst. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat gewarnt, Würstchen, Schinken und anderes verarbeitetes Fleisch erhöhe das Darmkrebsrisiko. Bei rotem Fleisch – dem Muskelfleisch von Säugetieren – ist dies den Forschern zufolge zumindest wahrscheinlich.

Und was ist mit der Umwelt?

Unser hoher Fleischkonsum und der dafür nötige Einsatz von Soja in der Tierfütterung vergrößern den Ausstoß an Treibhausgasen und befördern den Flächenverbrauch weltweit, etwa für Sojaanbau in Südamerika. Die FAO, die Lebensmittel- und Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen, kommt zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass die Viehhaltung global für 14,5 Prozent aller Treibhausgase verantwortlich ist.

Wie ist das zu erklären?

Wälder werden in Land- und Weideflächen umgewandelt, beim Futteranbau wird Stickstoffdünger eingesetzt, Rinder stoßen sehr viel Methan aus. Der Umweltverband WWF rechnet vor: Wenn jeder Bundesbürger nur einmal pro Woche auf Fleisch verzichten würde, könnte das zu einer jährlichen Einsparung von rund neun Millionen Tonnen Treibhausgas-Emissionen führen. Das entspreche umgerechnet 75 Milliarden Kilometern mit dem Pkw.

Was könnte der Gesetzgeber dagegen tun?

Umweltschützer rügen, dass Fleisch überwiegend zu billig produziert und verkauft wird. Dies befördert intensive Massentierhaltung – mit unguten Folgen wie Grundwasserverschmutzung und Antibiotikaeinsatz. Eine Greenpeace-Studie aus dem Jahr 2013 zeigt unter anderem, dass ein „Gülle-Euro“, eine Abgabe auf Stickstoffüberschüsse, positive ökologische Lenkungswirkung in den Betrieben hätte. Es würde dann weniger Stickstoff auf die Felder ausgebracht. In der Folge würde sich ein Kilo Rindfleisch um knapp sieben Prozent und Schweinefleisch um etwa 2,5 Prozent verteuern.

Wirkungsvoll wäre auch die Abschaffung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes. Derzeit werden Fleischerzeugnisse – wie alle Lebensmittel – mit einem ermäßigten Satz von sieben statt 19 Prozent besteuert. „Damit wird de facto der ökologisch und gesundheitlich problematische übermäßige Fleischkonsum subventioniert“, moniert Greenpeace in der Studie.