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Yaras Mörder war ein Toter – oder etwa nicht?

Yaras Mörder war ein Toter – oder etwa nicht?

Rom. 

Ein kurioser Kriminalfall beschäftigt Italien: Theoretisch ist der Mörder ermittelt, praktisch war er zur Tatzeit bereits tot. Eine andere mögliche Lösung stellt die Polizei vor ihre schwierigste Aufgabe.

Die 13-jährige Yara, wohnhaft in den Alpen nördlich von Bergamo, war am 26. November 2010 nicht von ihrer Gymnastikstunde nach Hause zurückgekehrt. Drei Monate später fand man ihre Leiche. Nur den Mörder fand man nicht. Schnell verdächtigte man einen Marokkaner; hoch wallte die Stimmung, aber der Ausländer war’s nicht.

Das einzige, das die Ermittler hatten, waren DNA-Spuren. Also wurden Tausende Menschen aus der Gegend zum Test gebeten. Ergebnislos. Erst als die Polizei die Stammgäste eines etwas entfernteren Lokals musterten, fanden sie, sozusagen, Familienanschluss. Die Spuren führten zum Vater eines der Bar-Besucher. Zu einem Busfahrer. Der allerdings hatte ein unumstößliches Alibi: Bereits 1999 war er gestorben.

Dennoch ließen sich die Ermittler nicht entmutigen. Um die Original-DNA des Toten zu bekommen, lösten sie eine Steuermarke von seinem Führerschein. Die Speichelreste daraus wiesen eine Ähnlichkeit von 99,9999927 Prozent mit den DNA-Spuren auf Yaras Kleidern auf. Die Fahnder exhumierten auch den Fahrer. Die letzte Analyse erhöht die Übereinstimmung noch einmal um 7,17 Millionstel Prozent.

Lapidares Fazit der Polizei: Nach aller wissenschaftlichen Logik ist Yaras Mörder zweifelsfrei überführt. Und wenn es der Busfahrer nicht gewesen sein kann, muss einer seiner Söhne das Messer geführt haben.

Allerdings waren’s auch die beiden Söhne nicht. Sie haben ein Alibi. Und jetzt? Jetzt sucht die Polizei nach einem dritten Sohn. Nach einem, der auf nichtehelichen Nebenbahnen entstanden sein muss – es heißt, es habe da einmal eine Art Zugehfrau gegeben. Außerdem weiß man, dass Busfahrer viel in der Gegend herumkommen. Ansonsten weiß niemand etwas. Ratlosigkeit bei der Justiz in Bergamo: Wenn der Mörder sich nicht freiwillig stellt…