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Wenn Notdienstler Kunden übertölpeln – So schützen Sie sich

Wenn Notdienstler Kunden übertölpeln – So schützen Sie sich

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Foto: imago/McPHOTO
Von wegen 67 Euro pro Stunde – Tanja M. ließ sich in einer Stresssituation überrumpeln und zahlte für den Noteinsatz eines Rohrreinigers 777,60 Euro. Jetzt denkt sie darüber nach, sich einen Teilbetrag zurückzuholen. Wir erklären, worauf Kunden bei der Beauftragung von Notdiensten achten sollten

Essen. 

Den Samstagabend hatte sich Tanja M. angenehmer vorgestellt. Durch ein verstopftes Rohr im Badezimmer drohte eine Überschwemmung. Ihr Partner hatte im Internet bereits einen Notdienst gefunden. Die Firma saß zwar in Berlin, wollte aber einen Handwerker aus der Umgebung zu ihnen schicken. „Am Telefon hieß es, dass die Stunde 67 Euro kosten soll“, erinnert sich die Frau.

Tatsächlich erschien auch prompt ein Mitarbeiter der Firma und beseitigte innerhalb von zwei Stunden die Verstopfung. „Er hat immer wieder gefragt, wie viel Bargeld ich da habe“, sagt die Kundin. Den Grund für die Nachfrage bemerkte sie nach Abschluss der Arbeiten schnell. Die Nothilfe sollte 777,90 Euro kosten. Das Paar ließ sich im Stress des Notfalls übertölpeln und zahlte. So viel Bares hatten sie nur zufällig zur Hand, weil sie am nächsten Tag einen Gebrauchtwagen damit bezahlen wollten.

Unter diesen Umständen hat die Kundin schlechte Karten. „Die Rechnung wurde von ihr unterschrieben und damit akzeptiert“, erläutert die Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, Dunja Richter, „anfechten kann man diese Rechnung nur aus bestimmten Gründen wie einem Irrtum, Täuschung oder Drohung“. Auch Wucher könne ein Grund sein. Dies hätte zur Folge, dass man nur die übliche Vergütung für derartige Tätigkeiten bezahlen müsste. Man könne den überhöhten Betrag zurückfordern und einklagen.

Wucher kann ein Grund für die Anfechtung sein

Ein Einzelfall ist dies nicht. Immer wieder melden sich Verbraucher, die manchmal für nur wenige Minuten Arbeit mehrere Hundert Euro bezahlen mussten. Ärger mit Notdiensten ist weit verbreitet. Insbesondere Elektro-, Schlüssel- und Rohrleitungsnotdienste fallen immer wieder durch sehr hohe Rechnungen auf. Laut Verbraucherzentrale sind Nacht- oder Notdienstzuschläge häufig zu hoch, wird ein unnötiger Maschineneinsatz berechnet oder werden Arbeitskosten verlangt, obwohl die Störung gar nicht behoben wurde. Expertin Richter rät dazu, unbedingt mehrere Angebote einzuholen, bevor ein Auftrag erteilt wird. „Wenn Zweifel an den in Rechnung gestellten Beträgen bestehen, überweisen Sie nur einen angemessenen Teilbetrag der Gesamtsumme“, rät die Juristin. Nach Angaben der Verbraucherschützer liegt eine angemessene Vergütung bei zwischen 80 und 130 Euro.

Ist der Notfall erst einmal eingetreten, ist Ruhe bei der Wahl des Handwerkers angezeigt. Oft bieten Call Center mit 0800er-Nummern im Internet ihre Dienste an. Dahinter stecken häufig Call Center, die weit weg vom Schadensort ansässig sind und dann einen Betrieb mit der Arbeit beauftragen. Dafür kassieren sie eine Provision, was die Arbeit von vornherein erheblich verteuert. Experten raten Betroffenen, sich in jedem Fall den Namen der ausführenden Firma und des Monteurs nennen zu lassen. Auch eine feste Preisabsprache, die von jemandem bezeugt werden kann, bietet einen gewissen Schutz vor Übervorteilung.

Call Center kassieren Provision – das verteuert die Rechnung

Im Falle von Frau M. sind nach Ansicht von Verbraucherschützern erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Rechnung angebracht. Das Dokument selbst ist offenbar fehlerhaft. Die aufgeführten Einzelposten summieren sich zwar auf immer noch stolze 706 Euro. Aber das sind gut 70 Euro weniger, als der Handwerker als Endbetrag ausgerechnet hat. Tanja M. will nun prüfen, ob sie sich mit Hilfe ihrer Rechtsschutzversicherung einen Teilbetrag zurückerkämpfen kann. Doch ohne Namen und Adresse des Rohrreinigers wird eine Klage nicht möglich sein.

Dass eine Klage durchaus erfolgreich sein kann, bewies ein Bonner Gericht 2006. Es verurteilte einen Schlüsseldienstmitarbeiter wegen Betrugs und Wucher.