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ARD zeigt „Vorstadtweiber“ – Wiener Schmäh in schönster Form

ARD zeigt „Vorstadtweiber“ – Wiener Schmäh in schönster Form

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Vorstadtweiber Folge 2 Foto: Hubert Mican/ARD/ORF/MR Film
Manche Frauen haben alles: großes Haus, stattliches Vermögen – aber einen langweiligen Mann. Kommt uns irgendwie bekannt vor. „Die Vorstadtweiber“ sind Österreichs Antwort auf „Desperate Housewives“.

Wien. 

Schon früh am Morgen knallen die ersten Korken, denn: „Dem Prosecco wird’s wurscht sein, und meiner Leber sowieso.” Anschließend geht es wahlweise zum Friseur, in den Reitstall oder in die Edelboutique. Irgendwie müssen sie den Tag ja rumkriegen, die „Vorstadtweiber“.

Nicoletta (Nina Proll), Maria (Gerti Drassl), Waltraud (Maria Köstlinger), Caroline (Martina Ebm) und Sabine (Adina Vatter). Fünf Frauen, die am Stadtrand leben. Alle nicht hässlich, fast alle gut situiert. Anfangs. Skrupellos, hemmungslos, boshaft, zynisch und schadenfroh. Immer. Von Beruf Vorzeigefrau der meist älteren Gatten ohne Chance zu Kündigung, im Nebenjob Geliebte.

Die Damen lieben das Lästern und die Laster

Ausgeprägter Hang zu Lästereien, liebstes Hobby einkaufen und das Geld ausgeben, das die Ehemänner mit meist dubiosen Geschäften aufs Konto gescheffelt haben. Bis sie zerbricht, die vermeintliche heile Welt der Wiener Vorstadt, aber der Ausgang des goldenen Käfigs, in dem die Frauen leben, nicht aufzubekommen ist. Und irgendwann hat die ganze Bagage auch noch die Polizei im Nacken.

Was kein Grund ist, auf Sex zu verzichten. An allen Orten, in allen Positionen und bei jeder Gelegenheit. Affären sind Freizeitgestaltung, Liebe wird überbewertet, und sündhaft teure Fetzen legt man sich nur zu, „damit sie uns wer vom Leibe reißt“.

Gefühlt alle fünf Minuten fallen in dieser Serie zwei Menschen übereinander her. Und wenn sie es gerade mal nicht machen, dann reden sie gerne darüber. Ja, das gibt es mittlerweile in vielen Serien, vor allem im US-Bezahlfernsehen. Aber für das Hauptabendprogramm im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ist so etwas immer noch überraschend.

„Desperate Housewives“ – nur böser

Die Vorstadtweiber sind wie die „Desperate Housewives“. Nur böser. Auch wie „Dallas“. Nur lustiger. Keiner traut keinem, jeder betrügt jeden, in und außerhalb des Schlafzimmers. Jeder ist käuflich. Aber in der Öffentlichkeit ist alles bestens. Bussi, Bussi.

Zugegeben, die Themen und Konstellationen sind bekannt. Und kein Klischee wird ausgelassen. Aber so unterhaltsam wie hier, ist das alles schon lange nicht mehr gezeigt worden, erst recht nicht in einer deutschsprachigen Serie. Die Dialoge sind witzig, der Humor ist bissig.

Das Tempo ist flott, die Story bietet aller Abgedroschenheit zum Trotz Überraschungen, und gespielt wird sie von einem bis in die Nebenrolle ideal besetzten Ensemble, das man zwischen Kiel und Konstanz zwar nicht unbedingt kennt, das aber die Crème de la Crème der österreichischen Szene vereint.

Und Drehbuchautor Uli Brée trifft nahezu durchgehend den richtigen Ton, parodiert die österreichische Schickeria ohne erhobenen Zeigefinger und rutscht nur selten ins wirklich Vulgäre oder die Niederungen des Klamauks ab.

Vorstadtweiber in Österreich ein Knaller

In Österreich waren die Vorstadtweiber ein phänomenaler Erfolg. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass der ein oder andere ARD-Zuschauer verstört zu seiner Fernbedienung greift, um zu überprüfen, ob er den richtigen Kanal eingeschaltet hat. Den nämlich, auf dem es dienstags zuletzt „Mord mit Aussicht“ gab, leicht skurrile, aber doch recht harmlose Verbrechen in der Eifel.

Oder wo sich Nonnen und Bürgermeister in die Haare kriegten, wenn es hieß „Um Himmels Willen“. Mit beidem holte die ARD sensationelle Quoten. An gleicher Stelle nun völlig anders gestrickte Wiener Intrigen zu spinnen, ist deshalb nicht ohne Risiko.

Fazit: Unterhaltsam und frisch, aber polarisierend. Eine Reihe, die noch für Gesprächsstoff sorgen wird.

Dienstag, 5. Mai, ARD, 20.15 Uhr