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„Brunetti“ Uwe Kockisch wäre gern als Italiener geboren

„Brunetti“ Uwe Kockisch wäre gern als Italiener geboren

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Donna Leon - Tierische Profite Foto: ARD Degeto/Nicolas Maack
Seit 13 Jahren ist er Donna Leons Commissario Brunetti. Es ist, so scheint es, die Rolle seines Lebens. Dass Uwe Kockisch sie so liebt, hat auch mit Italien zu tun.

Berlin. 

Commissario Brunetti ermittelt im Schlachthaus: In der neuen Folge der ARD-Krimireihe „Donna Leon – Tierische Profite“ (ARD, 20.15 Uhr) muss der venezianische Kommissar den Mord an einem Veterinär aufklären, der für die Kontrolle von Schlachttieren zuständig war. Schon am ersten Abend will Brunetti kein Fleisch mehr essen. Schauspieler Uwe Kockisch kennt das: Der 71-Jährige ist schon seit langem Vegetarier.

Die Schlachthofszenen sind fies…

Uwe Kockisch: Dabei zeigen wir gar kein Blut. Wir zeigen nur die kalten Instrumente, die Messer und Sägen und Haken. Die Fantasie gibt einem dann den Rest.

Brunetti will danach nur noch Tomaten essen.

Kockisch: Er weiß ja, wie es in solchen Schlachthäusern zugeht. Das ist eine ganz harte Nummer.

Mögen Sie noch Fleisch?

Kockisch: Ich esse seit drei Jahren kein Fleisch mehr. Nicht, weil das gerade Mode ist. Sondern weil es mir einfach nicht mehr geschmeckt hat. Es wurde mir immer suspekter.

Kein Fleisch, kein Fisch, keine Milchprodukte?

Kockisch: Bei Fisch fällt es mir schwer, da mache ich Ausnahmen.

Gehören Sie zu denen, die ihr Umfeld bekehren wollen?

Kockisch: Um Gotteswillen! Das Ganze ist eine private Sache – ohne Fahne und Transparent: Ich will damit niemanden missionieren.

Und der Film? Sollen die Zuschauer am nächsten Morgen auf ihr Salamibrot verzichten?

Kockisch: Ach, Quatsch. Das muss jeder selbst wissen. Aber es ist natürlich immer gut, wenn die Leute ins Nachdenken kommen.

Sie spielen Brunetti jetzt seit 13 Jahren. Haben Sie’s manchmal satt?

Kockisch: Ich habe nie etwas satt, was sich weiterentwickeln lässt. Es darf nur nicht langweilig werden. Auch Venedig verändert sich ja: Es gibt immer weniger Venezianer und immer mehr Touristen, überall machen jetzt chinesische Restaurants auf, und es gibt immer mehr Kitsch. Furchtbar! Brunetti ist einer, der da nur noch schwer Luft kriegt.

Da geht es ihm wie Hans Kupfer in „Weissensee“ oder? Sie haben gerade die dritte Staffel gedreht: Der Stasi-Offizier sieht zu, wie nach dem Mauerfall seine Welt zerfällt…

Kockisch: Ja. Die beiden sind auf gewisse Weise verwandt. Wobei Kupfer der tragischere von beiden ist. Was hat er noch an Möglichkeiten? Er wirkt alt, regelrecht zusammengeklappt. Sein Amt ist aufgelöst. Er ist noch im Dienst – aber er wird bald aussortiert. Die Ideologie verschwindet, es geht um Geld und Macht – um die Freiheit, wie Herr Gauck immer sagt. Falk, sein Sohn, hat seine Uniform ausgezogen und ist schon wieder ein wichtiger Mann.

Wie geht es mit Hans Kupfer weiter?

Kockisch: Ich glaube, der geht weg. Vielleicht sogar aus Deutschland raus. Es gab damals einen einzigen Satz, weswegen ich wusste, dass ich diesen Kupfer spielen wollte: Seine Eltern sind im KZ umgekommen. Ich kannte solche Menschen. Sie sind nach dem Faschismus gezielt in den Osten gegangen, um etwas Neues aufzubauen. Dafür haben sie selbst wieder Ideologien benutzt. Mich würde interessieren, wie Kupfer am Ende wieder zum Zivilisten wird, zum Bürger.

Zwei melancholische Menschenfreunde: Sind Brunetti und Kupfer mittlerweile Familienmitglieder für Sie?

Kockisch: Eher seltsame gute Freunde. Sie könnten sich eigentlich mal in einer Folge begegnen.

Was war Italien aus DDR-Perspektive – und was ist es jetzt?

Kockisch: Ich habe mein halbes Leben lang die Rialtobrücke nur von Fotos gekannt. Als ich zum ersten Mal selbst darunter hindurch gefahren bin, tat das richtig weh. Italien ist das Land, in dem ich gerne geboren worden wäre.