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Das Geschäft mit der Biomasse

Das Oschatz-Geschäft mit Stroh und Biomasse

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Der Essener Anlagenbauer Oschatz ist Nutznießer der Energiewende in Deutschland und der Welt. Das Familienunternehmen baut Kraftwerke, die Biomasse und sogar Stroh in Strom und Wärme verwandeln. Das Geschäft läuft gut.

Essen. 

Der Energieriese Eon baut 11.000 Arbeitsplätze ab. Der Essener Anlagenbauer Oschatz mit seinen Biomasse-Kraftwerken stellt zusätzliche Leute ein. Die Belegschaft des Familienbetriebs hat sich in 15 Jahren von 130 auf 1300 verzehnfacht.

Jürgen Schrag ist ein Unternehmer vom alten Schlag, der ein Näschen hat für die Märkte, auf denen er sich tummelt. Der 62-Jährige nimmt kein Blatt vor den Mund. „Dieser überstürzte Atomausstieg ist völlig überzogen“, sagt er. „Es ist doch ein Irrsinn, Deutschland mit Windrädern zuzupflastern.“ Schrag hadert mit der hiesigen Energiepolitik.

Die Wende hin zu regenerativen Energien hält er indes für nötig. Oschatz beackert das Feld seit 20 Jahren und profitiert von der Abkehr von den fossilen und atomaren Brennstoffen. Die Essener liefern schlüsselfertige Kraftwerke, die Biomasse, Ersatzbrennstoffe oder sogar Stroh verfeuern und in Energie umwandeln. „In Deutschland ist der Markt für diese Brennstoffe bereits leer gefegt“, sagt Schrag. Oschatz liefert deshalb verstärkt in alle Welt.

Belegschaft verzehnfacht

Die kompletten Anlagen und einzelne Komponenten produziert das Unternehmen in Istanbul, wo gerade eine neue Fabrik eröffnet wurde, und im chinesischen Nanjing. Entwicklung, Vertrieb, Einkauf und Verwaltung sitzen in Essen. Doch die Zentrale platzt inzwischen aus allen Nähten. „Wir wachsen gesund“, meint der Geschäftsführende Gesellschafter Schrag. In Hamburg baut Oschatz gerade ein neues Engineering- und Konstruktions-Standbein auf. Die Tochter soll mit 15 Mitarbeitern starten und bereits Ende nächsten Jahres 40 Leute beschäftigen.

Kraftwerke sind aber nur ein Geschäftsfeld, auf dem sich Oschatz tummelt. Auch die anderen beschäftigen sich mit Öko-Technologien. „Wir sind eine reine Umwelt-Bude“, bringt es Schrag mit einem Augenzwinkern auf den Punkt. So liefert Oschatz für die Stahl- und Eisenindustrie Konverter-Abgaskühlanlagen. Die Kühlkamine sind bis zu 200 Meter lang und haben einen Durchmesser von bis zu 5,50 Metern. Sie wandeln Prozesswärme in industriell verwertbaren Dampf um. „Im Segment der effizienten Abgaskühlanlagen sind wir Weltmarktführer“, sagt Schrag.

Nur wenige Wettbewerber

Abhitzekessel kommen weltweit auch bei Verfahren zur Gewinnung von Nichteisenmetallen wie Blei, Kupfer, Nickel, Zink oder Zinn zum Einsatz. Oschatz hat eine Technik entwickelt, die heiße, klebrige und staubbelastete Prozessgase herausfiltert.

Nur wenige Wettbewerber auf Augenhöhe hat Oschatz in der Chemietechnik. Das Un­ternehmen hat sich auf den Bau von Anlagen zur Rückstandsverbrennung in der Schwefel- und Salpetersäureproduktion spezialisiert. Die Maschinen filtern giftige Gase heraus. Abwärme wird in Strom umgewandelt. Hauptauftraggeber ist die BASF.

Betrieb bleibt in Familienhand

Schrags Kurs scheint aufzugehen: „Wir suchen uns Nischen, wo andere nicht sind. Wir sind so etwas wie der Porsche im Anlagenbau“, sagt der Chef selbstbewusst. Im Wachstumsmarkt China bohrte Oschatz über Jahre dicke Bretter. Inzwischen arbeiten in der Niederlassung Nanjing 600 Leute. Allein in den USA gelang es den Essenern nicht, Fuß zu fassen. „Umwelttechnologien stecken dort in den Kinderschuhen“, so Schrag.

Um die Zukunft seines Konzerns macht er sich dennoch keine Sorgen. Wie es aussieht, kann Oschatz in Familienhand bleiben, wenn Jürgen Schrag eines Tages aus dem Tagesgeschäft aussteigen wird. Seine Söhne Jan-Christopher und Tim Oliver arbeiten bereits in der Firma. Hans-Jürgen Schrag steht seit 1994 als Geschäftsführender Gesellschafter an der Spitze der Oschatz-Gruppe. Sein Vater Hans Schrag baute das Familienunternehmen 1948 neu auf. Die Wurzeln der Gruppe gehen bis ins Jahr 1849 zurück, als die Firma Oschatz in Meerane gegründet wurde.