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SPD-Kandidatur in Duisburg kostet 800 Euro

SPD-Kandidatur in Duisburg kostet 800 Euro

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Foto: WAZ FotoPool
Die Duisburger SPD nimmt Geld für einen Listenplatz. Ein Verstoß gegen das Parteiengesetz? Intern gibt es scharfe Kritik und Furcht vor einem öffentlichen Skandal.

Essen/Duisburg. 

Die Duisburger SPD steht im Verdacht, Kandidaten für Rat und Be­zirksvertretungen nur gegen Spenden aufgestellt zu haben. Laut parteiinternen Unterlagen, die der WAZ vorliegen, mussten sich alle Kandidaten in einer schriftlichen Erklärung verpflichten, bis zu 800 Euro an die Partei zu spenden.

Bekamen sie nach der Wahl kein Mandat, konnten sie das Geld zurückfordern oder es als Spende in der Partei belassen. Dies hatte die SPD unter ihrem Unterbezirksvorsitzenden Ralf Jäger vor der Kommunalwahl 2009 so beschlossen. Die Duisburger SPD-Funktionärin Petra Weis schreibt dazu in einem Brief, „dass man sich in der Duisburger SPD offenkundig nur dann ungestraft um ein Mandat bewerben kann, wenn man vorher Geld mitbringt“.

SPD-Jurist hat arge Bedenken

Heute gerät die Duisburger SPD-Führung um Jäger wegen dieser Praxis in die Kritik. Der stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen, Joachim Pentzlin, schreibt in einem internen Vermerk: „Wer wählbar ist, wird durch das Kommunalwahlgesetz und durch das Organisationsstatut der SPD geregelt. Weitere Zugangsschranken sind rechtswidrig.“ Nähere Bewertungen will der ehemalige Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht Köln nicht schriftlich niederlegen.

Denn er hat Angst um seine Partei: „Ich würde es aber wegen der erheblichen Gefahren, in die die SPD Duisburg und die SPD insgesamt geraten würde, wenn eine solche Bewertung durch Indiskretion durchsickern würde, auch dann nicht schriftlich niederlegen.“ Laut Pentzlin drohen nämlich un­ter Umständen in „schmerzhafter Weise“ Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und des Bundestagspräsidenten we­­­­­gen Verstößen gegen das Parteiengesetz. Zudem seien die „politischen Folgen bei Fehlgriffen in diesem Bereich verheerend.“

Das Brisante für die SPD ist, dass der Vorwurf aus den eigenen Reihen kommt. Denn in Duisburg schwelt bereits seit einiger Zeit der Streit zwischen einem Ortsverein im Ortsteil Duissern und der lo­kalen Partei- und Fraktionsspitze. Anlass ist, dass dem Duisserner SPD-Mann Marcel Lohbeck eine beratende Mitgliedschaft in der Ratsfraktion verwehrt worden sei, weil er sich zuvor geweigert hatte, seine Spende zu entrichten, heißt es aus Duissern. Die SPD-Ratsfraktion und der Unterbezirksvorstand um Jäger erwidern, Lohbeck werde ein Posten verwehrt, weil er gegen Partei und Fraktion schießt.

Gut für die Kriegskasse

Parteigeschäftsführer Jörg Lorenz versucht die Vorwürfe des Ämterkaufes zu entkräften. Er sagt, es sei gängige Praxis, dass Wahlkämpfer ihren Wahlkampf mitfinanzieren. Da Parteien auf die finanzielle Unterstützung ihrer Mitglieder angewiesen seien, will Lorenz einen „gewissen moralischen Druck“ nicht ausschließen. Immerhin 40 000 Euro kamen so in die mit insgesamt 250 000 Euro gefüllte „Kriegskasse“ für den Wahlkampf. „Alle fanden das System okay, nur einer nicht.“

Das mag sein, aber dennoch hat die Kandidatenkür in Duisburg einen faden Beigeschmack. Der Duisserner Sozialdemokrat Jörg Bickenbach, einst Duisburger Stadtdirektor und NRW-Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, wird in einem parteiinternen Protokoll zur Causa Ämterkauf so zitiert: „Das Verhalten der Ratsfraktion erinnere ihn an das Verhalten von Fürstenhöfen in der Vorzeit, wo nur diejenigen an den Hof gerufen wurden, die den Fürsten gefällig waren.“