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Migräne – „Schlimmer als eine Geburt“

„Schlimmer als eine Geburt“

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Foto: Thöne

Essen. 

Britta Müller ist eine von zehn Millionen Migräne-Kranken in Deutschland. Im Jahr verursacht die Krankheit Kosten von fast vier Milliarden Euro.

Ihre erste Migräne-Attacke hatte Britta Müller (Name geändert) mit drei Jahren. „Ich weiß noch, dass ich nichts mehr sehen konnte. Ich bekam Kopfschmerzen und habe gebrochen.“ Was die heute 44-Jährige als Kind nicht ahnen konnte: Die üblen Kopfschmerz-Anfälle sollten zu ihren Lebensbegleitern werden. „Heftige Migräne ist schlimmer als eine Geburt”, entgegnet die zweifache Mutter Leuten, die meinen, das angebliche „Frauenleiden” belächeln zu müssen. Zehn Millionen Menschen in Deutschland muss die Dortmunderin nicht erklären, was sie durchmacht. Sie haben auch Migräne.

Die Volkskrankheit schränkt nicht nur die Lebensqualität der Betroffenen ein, sondern ist auch teuer. Nach Angaben der Krankenkasse KKH-Allianz verursacht Migräne im deutschen Gesundheitssystem und auf dem Arbeitsmarkt jährliche Kosten in Höhe von über 3,7 Milliarden Euro. „Die Anfälle kamen immer, wenn ich aufgeregt war. Kindergeburtstage hat mir die Migräne versaut, die Einschulung, Karnevalsfeiern“, erzählt Britta Müller. Seit Teenagerzeiten kamen die Attacken alle vier Wochen – mit ihren Tagen.

Hormonschwankungen können Migräne auslösen

Was Frauen oft berichten. Denn Migräne-Anfälle können durch die zyklusbedingten Schwankungen im weiblichen Hormonhaushalt ausgelöst werden. „Nach der Pubertät sind Frauen doppelt so häufig von dieser Krankheit betroffen wie Männer“, weiß Dr. Charly Gaul, Leiter des Westdeutschen Kopfschmerzzentrums an der Essener Uniklinik. So hätten in einer Patienten-Umfrage 80 Prozent Stress als Auslöser für ihre Migräne genannt, 60 Prozent der Frauen ihre Monatsregel.

Britta Müller hat heute zweimal in der Woche einen Anfall. Auch immer unter Stress und Belastung. „Und wenn die Anspannung vorüber ist, am Wochenende oder zu Urlaubsbeginn.“ Kommt es ganz schlimm, „dann kann ich meinen Alltag nicht mehr bewältigen“. Ihre Migräne sei ein Familienproblem, sagt die 44-Jährige. „Meine Mutter lag damit oft drei Tage in einem abgedunkelten Zimmer.“

Zunahme der Attacken

Gegen die peinigenden Kopfschmerzen bekam Britta Müller schon als Kind regelmäßig Schmerzmittel. Nach einer jahrzehntelangen Einnahme der Medikamente, „die mir nicht geholfen haben“, erhielt sie den Tipp, sich in ihrer Heimatstadt Dortmund einmal an die Kopfschmerz-Ambulanz zu wenden. Ein Ärzteteam, das gemeinsam Diagnosen trifft und Patienten Therapievorschläge macht.

Britta Müller wurden hier Triptane empfohlen, Arzneistoffe zur Akutbehandlung einer Migräne. „Das Mittel, das ich nehme, ist für mich ein Segen. Es macht mich wieder lebensfähig“, sagt die Mutter von zwei Töchtern. Zusätzlich probiert sie jetzt Entspannungs-Techniken und Akupunktur aus. „Was auch hilft.“ Spezielle Migränemittel wie Triptane seien sehr gut für den Akutfall, bestätigt die Münchner Neurologin Dr. Stefanie Förderreuther. „Nur darf man sie nicht häufiger als an acht Tagen im Monat nehmen, sonst führen sie zu einer Zunahme der Migräne-Attacken“, rät die Sprecherin der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft.

Ein Teufelskreis

Generell warnt die Medizinerin wie ihr Essener Kollege Charly Gaul vor einer übermäßigen Einnahme von Schmerzmitteln. „Werden diese Medikamente immer häufiger und in immer höheren Dosierungen eingenommen, können sie selbst Kopfschmerzen auslösen und haben natürlich Nebenwirkungen, etwa auf Magen und Darm“, so Förderreuther. Für Betroffene, die ärztlicherseits häufig nicht ausreichend beraten werden, nicht selten ein Teufelskreis.

Als Faustregel gibt Neurologe Gaul Patienten daher mit auf dem Weg: „Um einem durch Medikamente ausgelösten Kopfschmerz vorzubeugen, dürfen Schmerz- oder Migränemittel höchstens an zehn Tagen im Monat genommen werden und nie länger als drei Tage hintereinander.“ Besser sei eine vorbeugende Medikation, „die die Kopfschmerzhäufigkeit reduziert“.

Haben Sie Fragen zum Thema Migräne und Kopfschmerzen? Wollen Sie wissen, ob Sie richtig behandelt werden? Interessieren Sie Medikamente und ihre Nebenwirkungen? Brauchen Sie Tipps zu Entspannungs-Techniken und Sport? Dann rufen Sie am Dienstag, 7. September, zwischen 17 und 19 Uhr drei Neurologen vom Westdeutschen Kopfschmerzzentrum der Universitätsklinik Essen an.

Sie sprechen mit: Prof. Hans-Christoph Diener, Direktor des Kopfschmerzzentrums, Tel. 0800/200 3200; Dr. Charly Gaul, Leiter des Kopfschmerzzentrums, Tel. 0800 /802 3802 und Dr. Ralph Weber, Tel. 0800 /900 1900.

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