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Grieche soll Oberhausener Finanzen managen – ausgerechnet!

Grieche soll Oberhausener Finanzen managen

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Foto: WAZ FotoPool
Er ist geboren in Deutschland, hat den deutschen Pass, macht deutsche Politik – und trotzdem muss Apostolos Tsalastras sich als neuer Kämmerer von Oberhausen schlechte Witze anhören. Der Grund: Seine Eltern stammen aus Griechenland.

Oberhausen/Hilden. 

Am Anfang hat er noch mitgelacht, „aber irgendwann ist man der Witze doch überdrüssig“. Sagt Apostolos Tsalastras – am Tag eins seines neuen Jobs: Kämmerer in Oberhausen, mit fast 8000 Euro pro Kopf die am höchsten verschuldete Stadt Deutschlands. Ausgerechnet ein Grieche soll die Finanzen der Pleitestadt managen! Blöde Sprüche kursieren, seitdem bekannt wurde, dass der Sport-, Gesundheits- und Kultur-Dezernent zum 1. Juli sein Repertoire erweitert. Tsalastras hat genug Humor, um sie alle wegzustecken. Aber: „Witzig ist das, was gerade in Griechenland passiert, nicht.“

Auch wenn Tsalastras selbst nie in der Hellenischen Republik gelebt hat, so leidet er als Kind griechischer Einwanderer doch mit. Freunde und Verwandte am Mittelmeer liefern mehr Informationen als die Tagesschau, und trotzdem: „Man ist außerhalb.“ Da kann der Name noch so griechisch sein.

Geboren in Hilden, als Kind griechischer Einwanderer

Geboren wurde der 46-Jährige in Hilden, seine Eltern waren erst im Jahr zuvor eingewandert. Weil beide arbeiten mussten, kam Tsalastras früh zur Tagesmutter und in den Kindergarten, wuchs von Anfang an zweisprachig auf. Ein Traum für jeden Integrationspolitiker – und der Schlüssel für seinen Werdegang? Das sieht Oberhausens Super-Dezernent anders. Für ihn war es nicht die deutsche Kinderfrau, sondern eine mutige Aktion seines griechischen Papas, die ihn vorwärts brachte.

„Damals wurden alle Migrantenkinder auf die Hauptschule geschickt. Ich hatte Glück, dass mein Vater zur Realschule gegangen ist und gefragt hat, ob die mich aufnehmen.“ Hätte er sich getraut, am Gymnasium zu fragen, dann wäre er auch dort aufgenommen worden, glaubt Tsalastras. Eine Geschichte, die sich 40 Jahre danach tagtäglich wiederholt: „Bis heute werden immer noch Migrantenkinder mit der Begründung von Gymnasien abgelehnt, dass sie es ohne die Unterstützung von Zuhause nicht schaffen können.“ Dabei könne man den Eltern keine Vorwürfe machen, „viele haben selbst keine Bildung“. Es sei das Schulsystem, das es diesen Kindern so schwer mache.

Ungerechtigkeiten wie diese brachten Tsalastras früh dazu, sich einmischen zu wollen. „Ich hatte das Gefühl, dass man sich engagieren muss, um die soziale Lage zu verbessern.“ Mit 18 Jahren trat er in die SPD ein und wurde jüngstes Mitglied im Hildener Ausländerausschuss. Erster Erfolg: „Wir setzten gegen eine konservative Mehrheit einen frei gewählten Beirat durch.“

Nach dem Abi ging es nach Köln: Studium der Volkswirtschaft, Diplom. Erste Stelle nach dem Abschluss: Referent bei der SPD Niederrhein in Düsseldorf. Die Politik sollte Hauptberuf bleiben. Mit Ende 20 beantragte er dann auch den deutschen Pass, „vor allem, um wählen zu können“. Die griechische Staatsbürgerschaft hat er bis heute behalten. Weil die Griechen niemanden entlassen. Und weil es schön ist, auch Grieche zu sein. „Das ist ein Teil meiner Identität.“ Entweder oder, das gibt es nicht für Apostolos Tsalastras. „Ich bin überzeugter Europäer, das muss reichen.“

„Das Glück wohnt nicht im Besitze und nicht im Golde, das Glücksgefühl ist in der Seele zu Hause.“

Demokrit, griechischer Philosoph