Veröffentlicht inWirtschaft

Machtkampf lässt Einblicke ins Leben der Aldi-Familie zu

Machtkampf lässt Einblicke ins Leben der Aldi-Familie zu

103090278.jpg
Foto: BrauerPhotos (c) S.Brauer
Gründersohn Theo Albrecht jun. will offenbar die alleinige Macht beim Discounter-Riesen. Seine Vorwürfe will Babette Albrecht nicht stehen lassen.

Essen. 

Aldi Nord will künftig auf den Verkauf von Känguru-Fleisch verzichten, weil die Tiere beim Einfangen großen Qualen ausgesetzt sind. Der Essener Discounter setzt verstärkt auf Themen wie Tierwohl und Umwelt. Geht es nach den fünf Kindern des verstorbenen Unternehmensgründer-Sohns Berthold Albrecht, würde die Kette noch viel stärker auf Nachhaltigkeit setzen. Doch ihr Onkel Theo Albrecht junior will diesen Familienzweig komplett aus dem Handelsimperium vertreiben, wie aus einem Brief hervorgeht, aus dem Medien zitieren. Bei Aldi Nord tobt ein erbitterter Kampf um die Macht.

Es war im Jahr 1961, als die legendären Aldi-Gründer Karl und Theo Albrecht ihre Discounter-Welt in eine Süd- und in eine Nordhälfte aufteilten. Die beiden Konzerne entwickelten sich von Mülheim und von Essen aus prächtig. Theo Albrecht, der 2010 starb, hatte früh verfügt, dass seine beiden Söhne Theo jr. und Berthold Aldi Nord gemeinsam führen. Der Burgfrieden funktionierte, bis Berthold Albrecht 2012 nach langer Krankheit starb. Seither versucht Theo jr. alles, die Machtverhältnisse neu zu ordnen. In einem Brief hat der 65-Jährige die Nachfahren seines Bruders sogar aufgefordert, ihren 50-Prozent-Anteil an dem Milliarden-Imperium zu verkaufen. Die Anteile der Familienzweige sind in drei Stiftungen angelegt.

Theo Albrecht jun. äußert sich erstmals

In der vergangenen Woche griff der scheue Theo Albrecht jr. zu einem revolutionären Mittel und gab dem Nachrichtenmagazin „Stern“ ein schriftliches Interview. Darin wirft er seiner Schwägerin Babette vor, gegen den letzten Willen seines 2012 verstorbenen Bruder Berthold zu verstoßen. „Ich bin sehr traurig darüber, dass Babette und ihre Kinder das Testament und die Stiftungssatzung ihres Ehemannes nicht akzeptieren wollen und diese bekämpfen“, zitiert das Magazin Theo Albrecht jun. „Ich will auch im Sinne meines Bruders dafür sorgen, dass eine Selbstbedienung am Vermögen auch weiterhin ausgeschlossen bleibt.“ Und der Milliardär wird noch deutlicher: „Der Name Albrecht verpflichtet zu einem bescheidenen Lebensstil.“ Dass sein Bruder Berthold Kunst und Oldtimer sammelte, passte offenbar nicht ins Weltbild des Theo Albrecht jun.

Seine Vorwürfe wollen Babette Albrecht und ihre Kinder nicht stehen lassen. Ein Freund der Familie berichtet, dass die vier Schwestern und deren Bruder anonym leben, normale Autos fahren und durchaus Interesse an Aldi Nord haben. Dennoch unterscheiden sich die Darstellungen der beiden Lager zum Teil erheblich und lassen tiefe Einblicke in diese Familienfehde zu. Ein Kapitel ist die Geschichte mit den Panzerknackern.

Testament lagerte im Safe

Im „Stern“ lässt Theo Albrecht jun. den Verdacht von einem zerrütteten Verhältnis zwischen Babette und ihrem todkranken Ehemann Berthold aufkeimen. Danach soll Berthold von seinem Krankenlager im schweizerischen Bad Ragaz aus den Wunsch geäußert haben, ihm das Original seines Testaments zu bringen. Das Dokument lagerte im Safe seiner Villa in Essen-Bredeney. Doch Berthold Albrecht bittet nicht seine Frau Babette, das Testament zu holen, sondern lässt über seinen Anwalt Emil Huber eine Geldschrankfirma beauftragen, die den Tresor knackt. Theo Albrecht jun. schildert das laut „Stern“ so: „Als ich ihn fragte, warum er denn seine Frau oder eins seiner fünf Kinder nicht bäte, ihm das Testament zu bringen, sagte Berthold: Dann kommt das Testament bei mir nicht an.“

Aus dem Umfeld von Babette Albrecht klingt dieser Krimi völlig anders: Die Ehe sei bis zum Schluss intakt gewesen und es habe kein Misstrauen geherrscht. Zum Safe mit dem Testament habe die Ehefrau einen Schlüssel besessen. Sie hätte also jederzeit an das Schreiben herankommen können. Da sie aber bei ihrem kranken Mann in der Schweiz war, habe man sich für die Öffnung des Tresors durch eine Spezialfirma entschieden.

Widersprüchlich sind auch die Darstellungen über den Grund für den Transport des Testaments. Theo Albrecht jr. behauptet, sein Bruder Berthold habe seinen Letzten Willen zu Lasten seiner Kinder ändern wollen. Die Seite der Witwe dagegen betont, Berthold habe den Einfluss seiner Kinder bei Aldi stärken wollen. Letztlich blieb das Testament aber unverändert, weil Berthold Albrecht plötzlich starb.

Privat herrschte Funkstille

Die Auseinandersetzungen in der Familie machen selbst vor der Beerdigung nicht halt. Weder die hochbetagte Mutter Cäcilie noch Bruder Theo jr. reisen zu der Beisetzung der Urne in die Schweiz. Zeugen berichten stattdessen, dass die Mutter um den Termin der Trauerfeier herum im Essener Golfclub Oefte beim Bridge gesehen worden sein soll. Kenner der Familie sehen darin ein Indiz, dass Cäcilie nie ein inniges Verhältnis zu ihrem Sohn Berthold hatte und stets den Erstgeborenen Theo jr. bevorzugt haben soll. Auch zwischen den beiden Brüdern soll seit Jahrzehnten auf privater Ebene Funkstille geherrscht haben, obwohl sie nah beieinander in Bredeney wohnten. Wenn es dagegen um die Firma ging, berichtet ein Insider, seien beide stets einer Meinung gewesen sein. Das Wachstum von Aldi Nord litt nicht unter dem Zwist in der Familie. Wer ihn gewinnt, werden Gerichte entscheiden müssen.

Fotostrecke