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Exoten trotzen dem Winter

Exoten trotzen dem Winter

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Foto: WAZ FotoPool

Castrop-Rauxel. 

Es regnet. Kräftiger Wind fegt die letzten bunten Blätter über den Asphalt. Doch die Bäume, die den kleinen Parkplatz jenseits der Landstraße säumen, zeigen sich davon unbeeindruckt. Dabei sollte gerade ihnen der Herbst missfallen: Es sind haushohe Palmen, die sich hier im Wind wiegen, daneben knorrige, alte Olivenbäume, die dem rauen Ruhrgebietsklima trotzen. Sie sind das Aushängeschild der „Palmenmann GmbH“, einer Online-Versandgärtnerei, die sich am Stadtrand von Castrop-Rauxel auf exotische Pflanzen spezialisiert hat und seit Jahren von einem buchstäblich wachsenden Trend profitiert.

„Die Gartengestaltung nimmt einen immer größeren Stellenwert bei den Verbrauchern ein“, sagt Christian Lerch, Gartenmarkt-Experte bei der Handelsberatung IBH in Köln. „Der Garten ist zum verlängerten Wohnzimmer geworden.“ Das hat sich insbesondere auf die Nachfrage nach exotischen Pflanzen ausgewirkt. Selbst Discounter wie Aldi verkaufen inzwischen regelmäßig kleine Olivenbäumchen. Und auch Christian Otto, der Chefdesigner der renommierten Königlichen Gartenakademie in Berlin, meint: „Im Garten wird zunehmend die Sehnsucht nach Mediterranem ausgelebt.“ Palmen, Zitruspflanzen oder auch Bananenstauden gedeihen damit längst nicht mehr nur in Spanien.

Diesen Trend hat auch Palmenmann Thomas Knappe (39) vor sieben Jahren erkannt. Damals noch allein vor dem PC, ein paar Samentütchen im Hausflur deponiert, erzielte er als Ebay-Händler „Kleiner Gärtner“ einen Tagesumsatz von 20 Euro. Heute sind es in der Hochsaison bis zu 15 000 Euro. Den Flur ersetzte Knappe inzwischen durch 14 Gewächshäuser auf einer Fläche von 10 000 Quadratmetern, und die Samen wichen über die Jahre einem Sortiment von über 1000 verschiedenen Pflanzenarten: von der kleinen Agavenstaude bis zum tonnenschweren, Jahrhunderte alten Olivenbaum.

Hanfpalmen hoch im Kurs

Ähnlich ergangen ist es Rebbon Kruitbusch. Der Holländer ist seit 2002 in der Branche und betreibt seit 2005 eine Versandgärtnerei in Goch-Hommersum im Bergischen Land. „Es gibt einen regelrechten Boom, was die Nachfrage nach Exoten angeht“, sagt er. Hoch im Kurs stünden dabei Hanfpalmen – winterhart, versteht sich. „Je nach Palmenart vertragen die Pflanzen kurzfristig bis zu minus 17 Grad.“.

Das gilt jedoch nicht für alle Exoten. Deshalb ist es gegen Ende des Jahres traditionell etwas ruhiger in den Gewächshäusern der Versandgärtnereien. „Derzeit gehen bei uns nur etwa 40 Pakete am Tag raus“, erklärt Palmenmann Knappe – sonst seien es bis zu 200.

Der letzte Winter war auch für die Händler hart: „Anfang Dezember gingen die Temperaturen in den Keller, und das über Wochen“, klagt Knappe. „Das haben nicht alle Pflanzen auf dem Hof überstanden.“ Tausend Jahre alte Olivenbäume für bis zu 4000 Euro, gingen ein. „Viele Kunden sind vorsichtiger geworden“, so die Erfahrung von Rebbon Kruitbusch. Dem Umsatz habe das aber nicht geschadet.

Olivenbaum mit Lametta

Auch nicht beim Palmenmann in Castrop-Rauxel. Thomas Knappe: „Bei uns ist die Zahl der Käufer 2010 sogar noch gestiegen, auf rund 19 000.“ 2009 seien es noch etwa 8000 gewesen.

Neben Privatleuten, die sich einen Exoten für Garten oder Balkon gönnen, wenden sich vor allem Hotels, Gastronomen und Eventfirmen an die Versandhändler. „Der Vertrieb von Gartenbedarf über das Internet hat Potenzial“, weiß auch der IBH-Gartenmarkt-Experte Christian Lerch. „Zuletzt hatten Versandgärtnereien einen Marktanteil von 3,1 Prozent. Wir erwarten allerdings noch eine beachtliche Steigerung.“

Dem Internet entspringen auch kuriose Anfragen wie diese: „Ein Schweizer rief an und fragte nach einem großen Olivenbaum, der aber nicht mehr als 600 Kilogramm wiegen sollte“, erzählt Knappe. Der Grund: Der Kunde wollte die Pflanze per Helikopter zu seiner Berghütte fliegen. Ein anderer wollte einen exklusiven Christbaum: In Knappes Büro hängt der Fotobeweis: Ein Olivenbaum mit Kugeln und Lametta geschmückt.