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Helm schützt Radler wie ein Airbag

Helm schützt Radler wie ein Airbag

Münster. 

Was gut ist für Fußgänger, hilft noch lange keinem Radfahrer, wenn er von einem Auto angefahren wird. Die Maßnahmen, die in den vergangenen Jahren zur Verbesserung des Aufprallschutzes von Zweibeinern an den Pkw-Frontpartien umgesetzt worden sind, können Zweiradfahrern im Falle eines Unfalls sogar schaden.

Das hat die Wissenschaft mit langen Simulationsreihen festgestellt, in diesem Fall die Unfallforscher der Versicherer (UDV). Motorhauben, die beim Aufprall aufspringen (damit ein Mensch nicht so einfach mit seinem Dickschädel auf den noch härteren Zylinderkopf durchschlägt), können Verletzungen von Radfahrern in Einzelfällen sogar noch verschlimmern.

Über 1000 Mal wurde das Aufprallen von Radfahrern und Fußgängern auf unterschiedlichsten Pkw-Typen in verschiedenen Winkeln und mit mehreren Geschwindigkeiten getestet, jeweils ohne Helm.

Sturz ohne Fremdverschulden

Daraus abzuleiten, dass der UDV etwas gegen den Schutzhelm für Radler hätte, wäre jedoch grundverkehrt. Die vielen Testreihen ohne Helm hätten der Vergleichbarkeit gedient. Schließlich laufen die meisten Fußgänger ja immer noch ohne Kopfschutz über die Straße.

Grundsätzlich gibt es für UDV-Leiter Siegfried Brockmann nur eine Empfehlung: Nie ohne aufs Rad. Beim Auftreffen auf die Windschutzscheibe etwa reduziere ein guter Helm die Gewalt des Kopfstoßes so wie ein Airbag. Und schließlich stürzen rund ein Drittel der verletzten Pedalritter gänzlich ohne Fremdverschulden über die eigenen Speichen.

Als Alternative würde auch ein Airbag Radfahrer schützen, der den gesamten harten Bereich rund um die Frontscheibe abdeckt. Brockmann hält die Forderung nach so einer Technik aber für unrealistisch. „Das wäre zu teuer und technisch kaum umsetzbar“, sagt der Forscher.

Dabei kommen die gerade bei älteren Menschen boomenden Elektro-Fahrräder ins Zahlenspiel. Natürlich gibt es inzwischen auf Grund der weiten Verbreitung der sogenannten Pedelecs auch Todesfälle mit dem Batterierad.

Lust der Älteren aufs Rad

Insgesamt ist die Zahl der auf dem Rad getöteten Senioren jedoch in den vergangenen 15 Jahren nicht gestiegen, so die Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Bei den verletzten älteren Stramplern sieht das anders aus: ein Plus von 50 Prozent seit dem Jahr 2000.

Der Zuwachs geht sicher zum einen auf das Konto des demografischen Wandels (mehr Ältere) und eines geänderten Freizeitverhaltens (mehr Lust der aktiven Alten aufs Rad). Klar scheint auch, dass das bis 25 km/h schnelle Pedelec für mehr Tempo sorgt.

Und gerade bei Älteren mit ihren brüchigeren Knochen führt eine höhere Geschwindigkeit beim Sturz zu größeren Blessuren.

Der ADFC hält nichts von einer allgemeinen Helmpflicht: Die sei weder durchzusetzen noch zu kontrollieren. Außerdem, so fürchtet der Club, würde eine Helmpflicht die Fahrradnutzung drastisch senken.

Wegen der geringeren Körpergröße ist das Risiko einer schweren Kopfverletzung bei Kindern geringer. Sie prallen meist mit dem Kopf auf die nachgebende Motorhaube – und nicht auf die nicht nachgebende Frontscheibe.