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ETL wuchs in aller Stille zum Branchenführer

ETL wuchs in aller Stille zum Branchenführer

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Foto: WAZ FotoPool

Essen. Die Essener ETL-Gruppe ist im Laufe der letzten Jahrzehnte zu Deutschlands größter Steuerberatungsgesellschaft gewachsen. Jetzt hat das Unternehmen das Börsenparkett betreten.. 

Nur nicht auffallen. So lautete Jahrzehnte lang die Devise von Franz-Josef Wernze. Sie hat offensichtlich funktioniert, in aller Stille formte der 62-jährige Essener mit der ETL-Gruppe Deutschlands größte Steuerberatungsgesellschaft mit 600 Kanzleien, 6200 Mitarbeitern und 120 000 Mandanten. Dass Wernze diese Unauffälligkeit aufgibt, hat seinen Grund: Um weiter zu wachsen, betritt das Unternehmen das Börsenparkett. Mit einer Anleihe in einem Gesamtumfang von 25 Millionen Euro.

Die Branche der Steuerberater gleicht einem kleinteiligen Mosaik. Die Bundessteuerberaterkammer weist für das Jahr 2009 über 75 000 Steuerberater bundesweit aus, viele davon agieren als „Einzelkämpfer”. Wernze schlug schon 1977 eine neue Richtung ein. Er begann mit dem Kauf von Steuerberatungskanzleien. Verabschiedet sich ein Kollege in den Ruhestand, übernimmt Wernze die Firma. „Das ist eine sensible Angelegenheit, schließlich verkauft jemand sein Lebenswerk.” Wernze schaut sich jede Kanzlei persönlich an, um auszuloten, ob eine Übernahme passt. „Ich entscheide oft nach Bauchgefühl”. Die Nachfolge tritt ein junger Berater an, der Mitgesellschafter der Kanzlei wird. Neben seinem Gehalt erhält er einen Anteil am Gewinn.

Fragt sich, was die ETL-Gruppe anders macht, „Steuerberatung kann ja jeder”, sagt auch Wernze. ETL hebt sich mit Spezialisierungen von den Mitbewerbern ab. So entwickelt die konzerneigene Internetschmiede Steuerprogramme für unterschiedliche Branchen. Selbstständige in Heilberufen können beispielsweise tagesaktuell die Entwicklung ihres Umsatzes abrufen und werden zudem an Fristen und Termine erinnert. Darüber hinaus bereitet ETL die Einführung der digitalen Buchhaltung vor.

Da der Markt der Steuerberatung wächst, will auch Wernze weiter wachsen. Bis 2015 soll die Zahl der Kanzleien auf über 700 wachsen, bis 2020 sollen fast 900 sein. „Und wir wollen in allen Ländern des EU-Raums mit mindestens einem Büro vertreten sein”, so Wernze.

Um dieses Wachstum zu finanzieren, gibt die ETL-Gruppe mit ihrer ETL Freund & Partner GmbH Steuerberatungsgesellschaft an der Stuttgarter Börse eine Anleihe heraus und gehört damit zu den ersten Mittelständlern, die sich auf diese Weise Kapital beschaffen. Die Creditreform Rating AG sieht bei dem Essener Unternehmen eine „starke Bonität” und stuft die Anleihe als „stabil” ein. Für Wernze das Resultat einer 40-jährigen Firmenhistorie, in der nie ein Verlust geschrieben worden sei.

Wernze sieht seinen Unternehmensverbund als „prägend” für den Berufsstand des Steuerberaters, allerdings: Seine eigene Steuererklärung macht er längst nicht mehr selbst. Zu kompliziert.