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Keime in der Küche – Wo die Krankmacher im Alltag lauern

Keime in der Küche – Wo die Krankmacher im Alltag lauern

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Foto: Kai Kitschenberg
Erreger im eigenen Haushalt sind eine Gefahr. Sie verursachen hunderttausende Infektionen des Magen-Darm-Trakts im Jahr. Eine Desinfektion ist nicht der richtige Weg. Ein paar Handgriffe reichen. Wir zeigen, wie es geht.

Berlin. 

90 Prozent aller Infektionen, gemeint sind Wund-, Schnupfen- und Magen-Darm-Trakt-Infekte, holt man sich im Haushalt und nicht etwa in Betriebskantinen oder auf öffentlichen Toiletten. Die Küche ist hierbei der Ort, auf den man in puncto Keim-Belastung besonders achten sollte.

Lebensmittel sind nachweislich der Grund für über 200 000 Magen-Darm-Trakt-Infekte pro Jahr in Deutschland, so der TÜV Süd. Das sind die, die bekannt werden. Insgesamt, so Schätzungen, belaufen sich die Infektionen auf bis zu eine Million. Zwischen 50 bis 80 Prozent aller Magen-Darm-Infekte holt man sich zu Hause. Falsch ist es, Keime im Haushalt mit Desinfektionsmitteln zu bekämpfen. Schon ein paar Handgriffe und Regeln reichen.

Keine Desinfektionsmittel

Nina Banspach vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit betont: „Desinfektionsmittel sind eher schlecht, weil sie alle Bakterien abtöten, nicht nur die Krankheitserreger.“

Zur Erklärung: Die Bakterien auf unserer Haut gehören als wichtiger Teil mit zu unserem Körper. Sie schützen mit ihren Stoffwechselprodukten die Haut vor Infektionen und Entzündungen. Wer über eine gesunde Bakteriengemeinschaft auf der Haut, im Mund und auch im Darm verfügt, der ist durch sie vor ungesunden Keimen geschützt.

Zu den Desinfektionsmitteln gehören auch diejenigen Reinigungsmittel, die mit dem Slogan „Tötet 99 Prozent der Bakterien und Viren“ werben. „Diese Mittel brauchen und wollen wir nicht“, betont Verbraucherschützerin Banspach.

Oft ist das Putzen ohne Chemie wesentlich effektiver als der Einsatz von scharfen Reinigungsmitteln. Karin Resske, Reinigungsprofi, und Lebensmittelchemikerin Sandra Leonhardt von der Sächsischen Landesuntersuchungsanstalt in Dresden testeten dies. Ihr Fazit nach dem Test: Bio-Scheuermilch ist schonend für Oberflächen. Zitronensaft aus frisch gepressten Früchten geht dem Kalk genauso gut an den Kragen wie scharfe Mittel. Selbstgemachter Essigreiniger wirkt genauso gut gegen Keime wie desinfizierende Feuchttücher.

„Nur im Krankheitsfall, wenn zum Beispiel Durchfall-Erkrankungen durch Salmonellen, Listerien oder auch Campylobacter vorliegen, kann es sinnvoll sein, Desinfektionsmittel im Haushalt zu nutzen“, sagt Nina Banspach. Vor allem aber soll der oder die Erkrankte nicht die Lebensmittel für die Familie zubereiten, lautet der dringende Rat der Expertin.

Lebensmittelkeime vermeiden

Eigentlich ist der Umgang mit den Keimen in der Küche ganz einfach, wenn man einige Regeln beachtet. „Das geht schon beim Einkaufen los“, erklärt Banspach. „Man sollte gefrorenes oder rohes Fleisch, rohen Fisch oder Eier nicht zu lange im warmen Auto lagern.“ Der Hinweis „Zu verbrauchen bis“ ist im Gegensatz zum Mindesthaltbarkeitsdatum streng zu beachten. Er ist auf leicht verderblichen tierischen Produkten angebracht. Diese sind die Hauptquelle für gefährliche Bakterien.

Rohes Fleisch, roher Fisch, Eier und Rohmilchprodukte wie Rohmilchkäse sind mit besonderer Umsicht zu transportieren, zu kühlen und zuzubereiten. Kreuzkontaminationen, also die Übertragung von Keimen auf roh verzehrte Lebensmittel wie Salat oder Obst, sind zu vermeiden.

Einfache Regeln

Das klingt kompliziert, läuft aber auf regelmäßige aber einfache Handgriffe hinaus: Gefrorene Rohprodukte im Kühlschrank auftauen. Nach dem Abtauen der Rohprodukte das Tauwasser entsorgen. Nach dem Zuschneiden des Fleisches Schneidebrett und Messer mit warmen Wasser und Spülmittel reinigen. Den Spüllappen regelmäßig austauschen oder waschen, damit er wieder bakterienfrei wird. Vor allem rohes Hähnchenfleisch gut durchbraten. Natürlich das Händewaschen nicht vergessen.

Kleinkinder, Immungeschwächte, Schwangere und Stillende sollten auf rohes Fleisch und Bambussprossen verzichten, lautet die Empfehlung des Bundesinstituts für Risikobewertung.

Küchen-Textilien

Spüllappen, Spülbürsten, Trockentücher und Handtücher sind Dinge, auf denen sich Keime gerne vermehren. Etwa, wenn mit Lappen und Tüchern etwas vom Fußboden aufgewischt wird, insbesondere Milch oder Fleischsaft. Die Spülbürste sollte regelmäßig in den Geschirrspüler. Geschirrtücher müssen trocknen können. Bei Verschmutzung oder nach einer Woche austauschen. Einmal-Küchentücher zum Aufwischen von Dreck und Lebensmittelresten nehmen.

Spülbecken und Oberflächen

Auch die Spülbecken und Arbeitsoberflächen in der Küche wimmeln oft von Keimen, weil alle Lebensmittelreste und auch Schmutzwasser hier landen.

Tipp: Küchenabfälle und Schälreste in eine Schüssel geben und schnell entsorgen. Schmutziges Geschirr lieber sofort spülen. Zwischendurch und nach dem Kochen sollten die Spüle und Arbeitsflächen mit heißem Wasser und Haushaltsreiniger oder Essigwasser gesäubert werden. Poröse und eingerissene Dichtungen am Spülbecken sollten ausgetauscht werden.

Der Kühlschrank

Keime im Kühlschrank haben freie Lebensmittel-Auswahl und überleben dort – weil verdorbene Speisen vergessen werden, der Kühlschrank auf eine zu niedrige Temperatur eingestellt ist oder nicht oft genug abgetaut wird. Daher: Die Lebensmittel im Kühlschrank regelmäßig überprüfen und überlagerte und verdorbene Speisen sofort entsorgen. Lebensmittel im Kühlschrank nicht offen lagern. Nutzen Sie Kühldosen aus Plastik oder Schraubgläser sowie Folien oder Hauben.