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Holland America Line – Vielseitigkeit statt Superlative

Holland America Line – Vielseitigkeit statt Superlative

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Sie wurde einst für Auswanderer gegründet und bietet heute abwechslungsreiche Kreuzfahrten – die Holland America Line will keine Rekorde aufstellen.

Seattle. 

Windrichtungen, Menschen und Routen ändern sich. Das gilt vor allem für die Branche der Kreuzfahrten. Als in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts die Holland America Line ihren Dienst aufnahm, hatten die Passagiere andere Bedürfnisse. Viele wollten einfach nur weg. Die in Rotterdam gegründete Reederei lebte Jahrzehnte davon, Warengüter und Auswanderer in die USA zu transportieren. Einer von ihnen war Thomas Mann. Der Literatur-Nobelpreisträger flüchtete 1938 vor den Nazis nach Amerika und kehrte erst lange nach dem Zweiten Weltkrieg nach Europa zurück.

Heutzutage sind die Kabinen auf den 15 Schiffen der Holland America Line weitaus komfortabler als damals. Die Passagiere sollen sich an Bord wohlfühlen – und wiederkommen. Statt auf Verbindungen in die Neue Welt setzt die Reederei mit Sitz in Seattle konsequent auf Kreuzfahrten. Und dabei ändern sich zuweilen auch die Routen.

Passagiere sollen „positiv aufgeregt“ sein

Kam das jüngste Schiff der Flotte bislang im Mittelmeer zum Einsatz, so nimmt die MS Nieuw Amsterdam ab Herbst in der Karibik Fahrt auf – von Florida aus. Im April 2016 schippert sie dann in Richtung Alaska. Das 285 Meter lange und 2010 von der heutigen niederländischen Königin Maxima getaufte Kreuzfahrtschiff nimmt als aktuell größtes der Flotte genau 2106 Passagiere und 874 Besatzungsmitglieder auf (2650 Gäste finden dagegen auf der im Frühjahr 2016 vom Stapel laufenden MS Koningsdam Platz).

Edward G. van Zaane, einer der beiden für die MS Nieuw Amsterdam abwechselnd verantwortlichen Kapitäne: „Das Ziel ist eigentlich gar nicht so wichtig. Entscheidend ist, dass die Passagiere positiv aufgeregt sind, wenn wir irgendwo auf der Welt einlaufen.“

Kennenlernen als fester Termin

Bei Superlativen hält man sich bei HAL zurück. Längst gibt es Kreuzfahrtschiffe, die mehr als 5000 Passagiere auf ihre Decks verteilen. Auch gibt es übers Wasser rasende Vertreter konkurrierender Reedereien, die schneller als 30 Knoten unterwegs sind (die MS Nieuw Amsterdam begnügt sich mit 23,9 Knoten). Als lauthalse Party-Dampfer sind die Schiffe der ehemaligen Auswanderer-Linie ohnehin nicht verschrien. Wer die Gangway betritt, hat andere Intentionen. Entspannte Atmosphäre und kulinarische Genüsse stehen ganz oben auf dem Programm, das den Passagieren dezent, aber liebevoll offeriert wird. Englisch ist die offizielle Sprache an Bord – dennoch stehen für die im Schnitt nicht einmal zwei Prozent Deutschen ausreichend deutschsprachige Mitarbeiter zur Verfügung.

Zu Beginn einer Kreuzfahrt bietet die Reederei einen Kennenlern-Termin an, bei dem ausschließlich auf Deutsch auf alle Fragen von A wie Ausflüge bis Z wie Zollerklärung detaillierte Antworten folgen. Das kostenlose Spielfilm-Angebot ist derzeit lediglich in englischer Sprache zu sehen, der Internet-Zugang fürs Handy oder Tablet kostet extra.

Leckeres Frühstück auf der Kabine

International ist hingegen das umfangreiche Angebot an Speisen und Getränken. Auf elf Decks finden sich insgesamt zwölf Bars und acht Restaurants sowie eine Disco. Vor allem die kulinarische Vielfalt ist Grund genug für einen Aufenthalt an Bord. Kostenlos, dafür aber mit geschlossenen Schuhen und langen Hosen, empfängt das Manhattan-Restaurant zum gesetzten Essen in klassischem Ambiente. Gegen einen Aufpreis von umgerechnet neun Euro pro Person werden abends italienische Speisen serviert. 18 Euro zahlen Gäste, wenn sie sich im Tamarind-Restaurant mit leckeren asiatischen Spezialitäten verwöhnen lassen wollen.

Oder 26 Euro für den Besuch im Pinnacle-Grill, wo es ausgesprochen leckere Steaks und Meeresfrüchte gibt. Ganz ungezwungen empfängt selbst mit Bermuda und Schlappen das Lido zu allen Mahlzeiten des Tages. Kleiner Tipp: Das vom Personal servierte Frühstück lässt sich auch gratis in der Kabine vertilgen. Für alkoholische Getränke bitten die Kellner hier wie in den übrigen Restaurants und Bars zur Kasse. Wasser, Eistee und Fruchtsäfte sind generell rund um die Uhr ohne Extra-Kosten zu haben.

Microsoft-Workshops und Kunst-Auktionen

Ganz unvorbereitet sollte dennoch kein mitteleuropäischer Gast den Vergnügungen auf dem Schiff entgegenfiebern. Die in Summe 1053 Kabinen der MS Nieuw Amsterdam (es gibt Innen-, Meerblick- und Balkon-Kabinen sowie Suiten) sind zwar hochwertig ausgestattet. Große Betten, elegante Holzmöbel und Marmorbäder sind aber nicht unbedingt üblich auf derartigen Kreuzfahrtschiffen. Und mitunter ist es eiskalt an Bord. Amerikaner lieben Klimaanlagen, ausreichend warme Kleidung gehört daher ebenso ins Reisegepäck wie Taschentücher und Medikamente gegen eine Erkältung.

Abwechslung bietet sich abseits der eigenen Kabine oder der Restaurants auch beim ansprechenden, keineswegs überkandideltem Sportangebot wie Basketball, Volleyball, Tischtennis und einer Jogging-Strecke. Alles kostenlos, ähnlich wie der Besuch der zwei Pools und der Bibliothek, mit der täglich auch in deutscher Sprache erscheinenden, vierseitigen Zeitung. Erstklassig und dementsprechend teuer sind, analog zu den Landausflügen, die Anwendungen im Wellness- und Pflegebereich. Wer sein Geld ohne besonderen Gegenwert loswerden möchte, dem sei der Besuch des Casinos empfohlen. Dass es auch anspruchsvoller vonstatten gehen kann, beweisen die meist gut besuchte Piano-Bar, die digitalen Microsoft-Workshops oder auch das Auktionshaus, wo sich wertvolle Kunst ersteigern lässt. Das Leben an Bord der MS Nieuw Amsterdam ist von Abwechslung geprägt, damals wie heute.