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Das Centro ist das ungeliebte Vorzeigeprojekt Oberhausens

Das Centro ist das ungeliebte Vorzeigeprojekt Oberhausens

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Foto: WAZ FotoPool
Gut 15 Jahre nach Eröffnung ist aus dem Einkaufszentrum ein Mekka der Freizeitindustrie geworden. Ansiedlungen wie Legoland verstärken diesen Trend. In der Stadtverwaltung ist man stolz auf das Centro und auf sich selbst. Denn die Ansiedlung des Centros hat tausende Arbeitsplätze in Oberhausen geschaffen.

Oberhausen. 

„Oberhausen in drei Tagen“ heißt eines der Pauschalangebote, die die örtlichen Touristiker jüngst aufgelegt haben. Auf dem Programm stehen Besuche im Gasometer und im Sealife-Aquarium sowie „ausgiebiges Shoppen im Centro“. Gespeist wird auf der dortigen Gastromeile. Kurzum: Wer „Oberhausen in drei Tagen“ erleben will, muss – abgesehen von einer Rundfahrt über den Rhein-Herne-Kanal – die Neue Mitte scheinbar gar nicht verlassen. Das sagt viel aus über die Entwicklung des Areals und vor allem über die Bedeutung, die die Tourismusförderer ihm beimessen.

Gut 15 Jahre nach Eröffnung ist das Centro längst viel mehr als ein Einkaufszentrum. Es ist Kern dessen, was Fachleute ein „Urban Entertainment Center“ nennen und Kritiker eine seelenlose Konsumlandschaft. Ein Ballungsraum von Geschäften, Gastronomie, Unterhaltung. Die Liste der Attraktionen im Umfeld wird länger und länger: Zu Kino und Konzertarena haben sich im Laufe der Zeit Spaßbad, Musical-Theater und Spionage-Museum gesellt. Jüngst kündigte die britische Merlin-Gruppe an, 15 Millionen Euro in einen neuen maritimen Freizeitpark sowie in die Verlagerung ihres Duisburger Legoland Discovery Centers zu investieren. Auch das Einkaufszentrum selbst wächst: Im Herbst soll der Anbau fertig sein, weitere 17 000 qm Verkaufsfläche entstehen, rund 100 000 werden es dann sein.

Bei der Stadt Oberhausen betrachtet man das Centro als ein Vorzeigeprojekt des Strukturwandels. Es steht auf dem früheren Gelände der Gutehoffnungshütte, einst ein mächtiges Unternehmen der Montanindustrie, das zigtausenden Arbeit gab. Heute ist aus Oberhausen, der „Wiege der Ruhrindustrie“, die Industrie weitgehend verschwunden. Für das Centro als Job- und Tourismusmotor ist man da dankbar, trotz Wermutstropfen. Der Niedergang der „alten Mitte“, den das Centro sicher befördert hat, ist einer davon. Auch was die Beschäftigung angeht, blieb der Konsumtempel hinter den Erwartungen zurück. Das Centro gibt die Zahl der entstandenen Arbeitsplätze heute mit 4000 an. Nehme man Zulieferer und andere Dienstleister hinzu, komme aber man in die Nähe jener 10 000, mit denen das Projekt seinerzeit angepriesen wurde. Kritiker sprechen dagegen von Verlagerungen und bemängeln die Qualität der Jobs.

Hadern mit der„Stadt in der Stadt“

Und auch diejenigen, die der Neuen Mitte wohlgesonnen sind, runzeln bisweilen die Stirn angesichts der Entwicklung des Gesamtumfelds. Knackpunkt bleibt ein großes Gelände gleich neben dem Centro, auf dem die Stadt einst den ehrgeizigen Plan eines „Gesundheitscampus“ verfolgte und das sie später an einen nordirischen Investor notverkaufen musste. Seitdem harrt das Gelände, auf dem das Fraunhofer Institut Umsicht lange Zeit die einzige Adresse war, eines schlüssigen Konzepts. Inzwischen haben sich zu den Wissenschaftlern ein Baumarkt, zwei Lebensmittel-Discounter und eine überdimensionale Spielhalle gesellt. Die Stadt muss hilflos zusehen, wie auf dem „Filetgrundstück“ Gewerbe wild zusammengewürfelt wird.

Dem Besucherstrom gen Neuer Mitte tut das keinen Abbruch. Rund 23 Millionen Gäste kommen laut Management jedes Jahr ins Centro. Von einer „magnetischen Wirkung“ schwärmen die städtischen Touristiker. Dass die Übernachtungszahlen in Oberhausen deutlich ansteigen, schreibt man nicht zuletzt der Neuen Mitte zu.

Manch Oberhausener dagegen hadert weiter mit der „Stadt in der Stadt“. Das Centro macht es den Alteingesessenen aber auch nicht leicht, es zu lieben. Als die örtliche Anti-Atomkraft-Initiative nach der Katastrophe von Fukushima ihre regelmäßige Mahnwache vor den Toren des Einkaufszentrums abhalten wollten, weil der dortige „Platz der guten Hoffnung“ heute nun mal der meist frequentierte Oberhausens ist, wurde sie brüsk abgewiesen: Privatgelände.