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„Reichsbürger“ – Wie Online-Aktivsten den Behörden helfen

„Reichsbürger“ – Wie Online-Aktivsten den Behörden helfen

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1492A600AD6D85DD-051.jpg Foto: dpa
Die Website „Sonnenstaatland“ beobachtet die „Reichsbürger“ schon seit Jahren – und hilft damit auch Strafverfolgern. Ein Interview.

Berlin. 

Die Betreiber des Portals „Sonnenstaatland“ decken schon seit 2012 Straftaten der „Reichsbürger“ auf: Meist geht es um Volksverhetzungen in YouTube-Videos, Holocaust-Leugnung oder beispielsweise Mitschnitte von Gerichtsprozessen. Die Betreiber machen es mit Satire. „Das ist unser Mittel der Aufklärung“, sagt Thomas Mahlwitz, einer von ihnen. Weil nicht nur der jüngste Fall aus Bayern zeigt, dass „Reichsbürger“ gefährlich sein können, möchte er seinen echten Namen nicht preisgeben.

Die Behörden gehen von einer niedrigen dreistelligen Zahl von „Reichsbürgern“ in Deutschland aus. Wie realistisch ist diese Einschätzung?

Mahlwitz: Nicht besonders. Wir gehen stark davon aus, dass die Zahl tatsächlich höher liegt. Es gibt ungefähr ein Dutzend größerer „Reichsbürger“-Organisationen, sogenannte Regierungen, von denen einzelne teilweise schon um die Hundert Mitglieder zählen. Das bedeutet allerdings nicht gleich, dass es sich bei allen Personen um Rechtsextreme handeln muss. Weil es aber um eine geschichtsrevisionistische Ideologie geht, haben die meisten „Reichsbürger“ zumindest eine gewisse Nähe zu nationalistischem Denken.

Was sind die Hauptaufgaben Ihrer Arbeit und wie viele Mitarbeiter haben Sie?

Mahlwitz: Das „Sonnenstaatland“, das im Jahr 2012 als Reaktion auf die „Reichsbürger“-Gruppe Republik Freies Deutschland gegründet wurde und momentan ungefähr 50 Unterstützer hat, arbeitet auf ganz unterschiedlichen Kanälen: Wir haben eine Facebook-Seite, die Inhalte von „Reichsbürgern“ aus dem Netz fischt und deren Thesen entkräftet. Dabei geht es uns um Aufklärung.

Ebenso in unserem Forum und Wiki auf der Website, eine Art Glossar zu den verschwurbelsten Thesen der Bewegung. Außerdem haben wir ein Aufklärungs-Buch mit dem Titel „Vorwärts in die Vergangenheit“ herausgegeben. Und dann haben wir auf der Website noch einen Blog – der ist ganz klar Satire.

Sicherlich auch mit interessanten Informationen für Verfassungsschützer. Arbeiten Sie mit den Behörden zusammen?

Mahlwitz: Wenn wir Straftaten feststellen, leiten wir die entsprechenden Infos an die zuständigen Ämter weiter. In Videos aus dem Netz ist das häufig der Fall. Zumeist handelt es sich dann um Verstöße wie Holocaust-Leugnung oder Volksverhetzung. Auch Videos von „Reichsbürger“ Wolfgang P. hatten wir lange vor der Tat gesichtet. Wir haben gemerkt, dass er immer radikaler wurde.

Darüber hinaus wissen wir, dass einige Verfassungsschutzbehörden unsere Seiten sehr aufmerksam lesen. Eine offizielle Zusammenarbeit gibt es aber nicht.