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Germanwings-Absturz: „Ich hätte da auch mitfliegen können“

Germanwings-Absturz: „Ich hätte da auch mitfliegen können“

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Flugzeugabsturz in Südfrankreich Foto: Volker Hartmann
Am frühen Nachmittag landet in Düsseldorf das nächste Flugzeug aus Barcelona. Die Angehörigen sind heilfroh. Handys der Angekommenen überrollt von Kurznachfragen.

Düsseldorf/Bochum. 

Reinhard Möllers hält sein Kind fest, als wolle er es nie mehr loslassen, nein, nie. Gerade ist Annika, die junge Frau, auf der Abholer-Ebene des Flughafens aus Ausgang 4b gekommen – aus Barcelona hergeflogen über Mittag, einen Flug nach der Katastrophe. „Ich war geschockt heute Morgen“, sagt der Vater und kriegt feuchte Augen: „Ich war fix und fertig.“ Bis seine andere Tochter ihn anrief: Annika lebt, sie war nicht da an Bord.

Annika Möllers selbst erfuhr die Nachricht im Flugzeug vor dem Start am Telefon, „dann klingelten plötzlich alle Telefone. Die Stimmung unterwegs war sehr bedrückt.“ Als sie nach der Landung ihr Handy wieder anmacht, wird sie überrollt von Kurznachrichten. Freunde, Bekannte, Kollegen, alle: Wo bist du? Bist du zurück? Bist du noch in Spanien? Doch jetzt nach Hause, nach Datteln: Arm in Arm gehen die beiden fort.

„Man ist ja trotzdem geschockt“

Auf dem Bildschirm vor dem Ausgang war dieser Flug VY 1894 zunächst „verspätet“. Dann „im Anflug“. Und endlich: „Gelandet.“ Das ist der Moment, in dem auch die letzte Anspannung abfällt von Sigrid Zuber.

Sie wartet auf ihren Sohn Jonas, sie bekam vormittags die Kurzmitteilung eines Freundes: „Wenn du von dem Absturz hörst, klapp’ nicht zusammen . . .“ „Man ist ja trotzdem geschockt“, sagt die Düsseldorferin; und auch Jonas, ahnungslos bis vor wenigen Minuten, steht versteinert da: „Gerade hat meine Freundin angerufen, total aufgelöst . . . Ich hätte auch da mitfliegen können. Scheiß Gefühl.“

Surreal, denkt auch eine Familie aus Bochum. Mutter (59), Vater (65) und Tochter (33) bummeln am Dienstag über Barcelonas berühmte Meile, die „Ramblas“, als, wie die 33-Jährige sagt, „das Telefon explodiert“: Freunde, Familie, Kollegen, alle in Panik, bringen die Mailbox zum Überlaufen. Lebt ihr? Wann fliegt ihr? Abends erst, beruhigt das Trio auf Wochenend-Kurzurlaub – dabei hätte genau das auch anders sein können: Sie hatten ja überlegt, schon morgens heimzufliegen in Richtung Düsseldorf. Doch entschieden dann: „Wir möchten noch was vom Tag haben.“

Man ist sich einig, Glück gehabt zu haben

Sie telefonieren dann viel an diesem Tag. Und treffen in einem Restaurant eine andere deutsche Familie, die erst heute zurückkommt – mit Germanwings. Aber bei allem „mulmigen Gefühl“: Man ist sich einig, Glück gehabt zu haben. Und dass die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass zwei Flugzeuge derselben Linie auf derselben Strecke hintereinander. . . Nicht auszudenken!

„Uns“, sagt die Tochter betroffen, „haben ja alle gesund erreicht. Wir waren immer online. Aber wie schlimm für alle, bei denen niemand mehr ans Telefon geht.“