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Tote Fliegen im OP – Hygieneskandal an Mannheimer Uni-Klinik

Tote Fliegen im OP – Hygieneskandal an Mannheimer Uni-Klinik

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Staatsanwaltschaft durchsucht Uniklinikum Mannheim Foto: dpa
Knochensplitter und tote Insekten am OP-Besteck, Personal, das mangels Qualifikation von Kontrolleuren nach Hause geschickt wird: An der angesehenen Mannheimer Uni-Klinik herrschen schlimme Zustände. Der Fall schockt die gesamte deutsche Krankenhaus-Szene.

Mannheim. 

Die Beamten kamen am Morgen, und in den Kartons, die sie hinaustrugen, lag womöglich brisantes Material. Staatsanwälte und Polizisten durchsuchten am Mittwoch Büros und OP-Bereich im Uni-Klinikum Mannheim, es geht um einen Hygieneskandal, der Deutschlands Krankenhaus-Szene schockt. In den Kisten, die die Beamten in grün-weißen Polizei-Kleinbussen verstauten, befanden sich interne Dokumente – sie könnten die Frage beantworten: Hat das renommierte Krankenhaus bei der Hygiene geschlampt, um hohe Renditen zu erwirtschaften?

In der Klinik herrschen offenbar gravierende Missstände. Die Mannheimer Staatsanwaltschaft hat nach einer anonymen Anzeige Ermittlungen „wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Medizinproduktegesetz“ aufgenommen. Das Juristendeutsch heißt nichts anderes als: Das Krankenhaus hat anscheinend ein massives Hygieneproblem. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat deswegen Teile des OP-Traktes stillgelegt und mehr als ein Dutzend Mitarbeiter nach Hause geschickt – sie seien schlicht nicht ausreichend qualifiziert für ihren Job. Seit Wochen finden in Mannheim nur noch Not-Operationen statt, wie das Krankenhaus auf Anfrage bestätigt.

Tote Fliege im OP-Instrumentenkasten

Der Verdacht liegt nahe, dass das OP-Besteck seit Jahren nicht richtig gereinigt wurde, um Geld zu sparen. „Spiegel Online“ zitiert einen Zeugen: „Es gab Haare und Knochensplitter, wo sie nicht sein sollten.“ Sogar Insekten seien gefunden worden: „Beim Öffnen befand sich im sterilen OP-Sieb

(Instrumentenkasten – d. Red.)

eine tote Fliege.“

Die Zustände sind im Haus lange bekannt. Mitarbeiter flehten dem Bericht zufolge intern um mehr Personal im Sterilisationsbereich: „Bitte, bitte lassen Sie es nicht dazu kommen, dass Patienten zu Tode gespart werden.“ Sogar die Medizinische Fakultät am Klinikum distanziert sich in einem Offenen Brief vom Management: Der nun öffentlich gewordene Hygieneskandal sei infolge „betriebswirtschaftlichen Kalküls“ entstanden.

Dass der Fall weit über Baden-Württemberg hinaus Aufsehen erregt, liegt auch am prominenten Führungspersonal der Uni-Klinik: Geschäftsführer Alfred Dänzer und Aufsichtsratsmitglied Wolfgang Pföhler leiten auch die einflussreiche Deutsche Krankenhausgesellschaft.